Der Jungfernsprung auf Hoch-Osterwitz
Der östliche Felsenabsturz des Bergkegels, den die Burg Osterwitz krönt, heißt Jungfernsprung. Eine bildschöne Zofe stürzte sich, den Lüsten des Burgherrn enteilend, in die grause Tiefe hinab, um nicht in seine Arme zu fallen. Wie durch ein Wunder kam sie unbeschädigt zu Boden. Der mit Streu heimfahrende Bühelbauer lud die Ohnmächtige auf seinen Wagen und sie diente ihm fortan als Magd.
Entsetzen trieb den Ritter durch die Wälder und schon meinte er an einer Quelle in tiefer Einsamkeit den letzten Atem auszuhauchen, als plötzlich die Totgeglaubte vor ihm stand, ihm vergab und ihn tröstete. Dann zog er ins Heilige Land, um seine Schuld zu sühnen. Dem Bauer, der sich der Jungfrau angenommen, gab er nachmals Brief und Siegel, daß er frei sei von aller Gabe und von jedem Dienste auf der Burg.
Eine ganz ähnliche Sage erzählt man von dem zwischen Dellach und Döbriach befindlichen Absturz der Hochwand zum Millstättersee, nur daß die Verfolgte den Wellen heil entkam, während der Verfolger, ein frevelhafter Priester, sich aus Verzweiflung über den vermeintlichen Mord ihr nachstürzte und spurlos im See verschwand.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
© digitaler Reprint: www.SAGEN.at