Die „Kågsen“ (Hexen)
Nach dem Glauben der Landleute haben es die Hexen besonders auf die Milch ihrer Kühe abgesehen; sogar den „Rührkübel“ sollen sie manchmal behexen. Ein Mittel dagegen ist das Hineinwerfen von glühenden Nägeln oder Eisenstücken. Es gibt Bauern, welche, wenn sie das Unglück einer Mißernte haben, so lange suchen und vermuten, bis sie die Ursache ihres Unglücks gefunden zu haben glauben. Gewöhnlich bezeichnen sie ein altes Weib als Hexe und verfolgen sie dann mit ihrem grimmigsten Hasse. So sollen zwei Totenbeine oder Haare und Nägel von Toten, über der Torschwelle gekreuzt oder vom Feinde heimlich eingegraben, unabwendbares Verderben bewirken. Die Hexe denkt sich den Feind manchmal in einem Baum und treibt eine Anzahl Nägel in den Stamm. Beginnt der Baum zu verkümmern oder dorrt er ab, so geschieht es auch dem vermeinten Menschen. Gegen das „Anhaben“ alter Weiber, die den nächstbesten Bauer ins Verderben stürzen und den gesündesten Menschen über Nacht zum Krüppel machen können, sowie gegen die gefährlichen Schatzgeister, welche vergrabene Reichtümer hüten, hilft der „Bergspiegel“. Er kann nur mit Anwendung besonderer Vorsichtsmaßregeln gewonnen weiden.
Auf dem Berge, der sich ob Eisentratten rechter Hand erhebt, hauste vormals der Bauer Gautschenbacher. Zur selben Zeit lebte im nahen Gmünd ein altes Weib, das die Kraft besaß, den Mitmenschen etwas anzutun. Die Leute fürchteten sie und gingen ihr aus dem Wege. Unser Bauer ahnte nichts von der Alten Zauberkraft. Als diese einmal vor dem Bauer einen Gegenstand zu Boden warf, hob er ihn auf, da fuhr es ihm ins Knie; mühsam schleppte er sich nach Hause und ward bettlägerig, kein Mansch wußte Hilfe. Da erinnerte er sich eines Mannes, der in Feldkirchen lebte und einen Bergspiegel besaß. Schnabel war sein Name. Diesen ließ er holen und wurde von ihm so weit hergestellt, daß er wenigstens das Bett verlassen konnte. Mehr vermochte Schnabel nicht, denn er besaß nicht volle Gewalt über den Geist. Dagegen eröffnete er dem Bauer, daß bei seiner Behausung ein Schatz liege - der Bergspiegel zeigte ihn an. Als man daranging, den Schatz zu heben, erschien der unselige Geist in kohlschwarzer Gestalt. Er hatte demnach noch nichts von seinen Sünden abgebüßt, daher besaß auch der Bergspiegel keine Macht über ihn und der Schatz mußte ungehoben liegen bleiben.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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