Die Keutschacher
Ging einst ein [...] Bauersmann, welcher Keutschacher hieß, von seinem Liebchen um Mitternacht nach Hause und kam, ohne den Schrecken der Gegend zu kennen, in die Nähe eines Hügels, wo der Sage nach in mondhellen Nächten Irrlichter tanzten. Da sah er mehrere lichte Gestalten im Mondenschein den Hügel umschweben. Langsam schlich er sich hinzu und warf sein geweihtes Amulett, welches ihm am Halse hing, unter sie. Sogleich lösten sie sich in eine Lichtwolke auf und diese zerfloß in der Luft. Des andern Tages früh ging Keutschacher mit Schaufel und Krampen sein Amulett suchen und fand es an dem Hügel. Er grub an jener Stelle weiter nach und fand einen unermeßlichen Schatz, so viel Gold und Silber, daß er es kaum zu tragen vermochte. Keutschacher erbat sich bei seinem Dienstherrn die Erlaubnis, an jener Stelle, wo er das Gold gefunden, ein Hüttchen bauen zu dürfen, um sein Liebchen heiraten zu können. Keutschacher ackerte und säte auf seinem neu erworbenen Boden Samen, welchen er von seinen Kriegszügen aus dem hohen Norden mitgebracht hatte. Davon gingen zahlreiche große Rüben auf, welche man zu jener Zeit Rüblinge nannte. Keutschacher wurde durch die Rübenernte von Jahr zu Jahr reicher, und Glück und Segen überhäuften ihn. Da er sich in Kriegen und Fehden durch Tapferkeit auszeichnete, schlug ihn der Herzog von Kärnten zum Ritter; und da er es durch den Samen der Rüblinge zu großem Reichtum gebracht hatte, gab ihm der Herzog eine Rübe in sein Wappen. Keutschacher erbaute sich später ein Schloß und nannte es Tanzenberg. Die Sage rühmte einst von dem Schlosse, daß es so viel Fenster besaß, als das Jahr Tage zählte, und so viel Türen, als das Jahr Wochen. Ein Keutschacher, welcher neunundneunzig Güter hatte, erbat sich beim römischen Kaiser die Erlaubnis, noch ein Gut bauen zu dürfen, was aber der Kaiser verweigerte, da kein Ritter hundert Gehöfte haben durfte. So bat denn der Ritter, nur ein so kleines Gut bauen zu dürfen, als die Größe einer Kuhhaut beträgt, und der Kaiser erlaubte es. Keutschacher schnitt von der Kuhhaut feine, schmale Riemchen und umspannte damit ein Landstück, auf welchem er ein Schloß baute, größer als eines von den neunundneunzig. Ein Keutschacher sagte, er wäre so reich, daß er das Schloß Tanzenberg mit Talern decken, und ein anderer, daß er vom Schloß Tanzenberg bis zur Landeshauptstadt den Fahrweg mit Silbertalern pflastern lassen könnte. Der letzte Keutschacher aus dieser Familie starb im Irrenhaus zu Klagenfurt.
[...] = von der SAGEN.at-Redaktion gestrichen.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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