Das Kind im „Wilden Gjaid"
Im unteren Lavanttale geht die Sage, daß jedes Kind, welches ungetauft stirbt, ins „Wilde Gjaid“ aufgenommen wird. Nun war einmal ein Bauer, dem sein jüngstes Kind starb, ohne die Taufe zu empfangen. Weinend klagte die Mutter ihr großes Leid; der Bauer aber, der ein Schlaukopf war, tröstete sein Weib und versicherte, daß er seinem Kinde Ruhe bringen werde. Einige Zeit nachher ging er in ein benachbartes Dorf, um Geschäfte abzuschließen. Da er dabei guten Gewinn erzielt hatte, vergönnte er sich im Wirtshause einen guten Trunk. So verspätete er sich mit dem Heimgange und mußte bei Nacht nach Hause fahren. Sein Weg führte durch einen Wald. Da hört er mit einem Male ein Sausen und Brausen in den Lüften über sich. Als er nach oben blickt, sieht er das „Wilde Gjaid“ vorüberziehen. Er hält an und läßt den Zug vorbei. Da zum Schlüsse bemerkt er auch sein jüngst verstorbenes Kind und ruft: „A, schau amål, mei Robasle is a dabei!“ Sein Kind lächelt ihm freundlich zu und dankt für die Worte, die er ihm gegeben; denn er hatte ihm so einen Nlamen geschenkt und ihm dadurch die Ruhe gebracht.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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