Das Klagenfurter Stadtwappen
Wappen der Stadt Klagenfurt - Relief auf dem Neuen Rathaus.
© Harald Hartmann, August 2006
Als der Kärntnerfürst von der Karnburg gebot, da hausten Ur und Eber in der weiten Ebene vom Wörthersee bis zur Drau. Wildes Gestrüpp und Moos deckten den Boden, und während an den Bergen hin zahlreiche Herden weideten, betrat nur selten ein Mensch jenes Dunkel, und keiner kehrte zurück, der dies gewagt hatte. Manches fette Rind entschwand plötzlich von der Trift, und noch kannte man ihn nicht, den geheimen Feind, welchen der ewige Nebel verbarg, der auf der Gegend lastete. Zu Zeiten, bei bösem Wetter, hörte man ein dumpfes Geheul, ein fürchterliches Knurren; vergebens hatte der Herzog seinen Leuten geboten, den Sitz des tobenden Ungeheuers auszuforschen und es zu erlegen. Furcht und Schrecken befiel auch die Kühnsten. Da dachte man, es aus seinem sicheren Verstecke zu locken.
In kurzer Zeit stand auf der höchsten Stelle am Rande des Sumpfes ein fester Turm da. Hinter seinen wohlbewahrten Öffnungen konnte man weit hinein den Feind beobachten. „Wer es wagt", sprach der Fürst zum Volke, „mit List oder Gewalt sich des Ungetüms zu bemächtigen, dem sei der Turm und reicher Lohn. Soweit jetzt sein gefräßiger Zahn herrscht, von einem Flusse zum andern, sei das ganze Land des Siegers Eigentum; er sei frei und wär' er auch ein Sklave." Da riefen mehrere Stimmen: „Ich, ich!" Und bald zog ein mutiges Häuflein von Knechten hin zum Streite. Ein feister Stier ward an einer Kette festgemacht und ein gewaltiger Widerhaken daran befestigt. Des Stieres Gebrüll erfüllte weit umher die Luft. Bald brauste es auf in dem Sumpfe, himmelan spritzte der Gischt; wie ein Pfeil hervor schießt ein scheußlicher Wurm, geflügelt und panzerbedeckt, seine Krallen packen das Tier, und sein Rachen öffnet sich, um den Raub zu verschlingen. Da faßt den weichen Gaumen das gekrümmte Eisen, in furchtbaren Reifen schlägt er nun den Schwanz, und wütend gräbt er die spitzigen Krallen in des Rindes Bauch. „Ehe er loskommt, laßt uns ihn töten", rufen die Knechte. Sie springen rasch hervor, und mit eisernen Keulen gelingt es ihnen, das Ungeheuer zu erlegen.
An der Stelle des Drachenkampfes erstand mit der Zeit ein friedliches Dörfchen. Wo der Turm gestanden, baute sich der Herzog ein schützendes Schloß, allmählich ward das unwirtliche Gestrüpp ausgerottet, der Sumpf trockengelegt und der Boden mit dem Pfluge urbar gemacht. So entstand die älteste Ansiedlung an der Stelle der späteren Stadt Klagenfurt. Zum Andenken jenes Kampfes wurde der besiegte Lindwurm mit dem schützenden Turme das Wappen der Stadt, und der Riesenbau seines Körpers prangt, aus Schiefer gehauen, auf dem Neuen Platze. Noch (1832) sieht man im Archive des Rathauses den Vorderkopf des Lindwurms an einer Kette hängen. An der breiten Schnauze glaubt man anfangs ein Landtier zu entdecken, aber die Höhlung im Kiefer, wo die spitze Zunge lag, und die Spuren der im Gebeine laufenden Schlagadern verraten die Amphibie, aus deren Größe und Länge sich schließen läßt, daß der Schädel den eines Pferdes dreimal übertrifft.
Vor nicht zu langer Zeit zeigte man eine an der Reichsstraße zwischen Zollfeld und Willersdorf befindliche Vertiefung, in welcher der Lindwurm gelegen haben soll. Diese Stelle hat er sich deshalb gewählt, um die an der Reichsstraße vorüberziehenden Menschen und Tiere überfallen und wohl auch in die nahegelegenen Dörfer einfallen zu können. Die beiläufig 500 bis 600 Schritte lange und 20 bis 30 Schritte breite Grube ist dermalen außer Anbau und nur mit etlichen, im Wachstume zurückgebliebenen Föhren besetzt.
Wappen der Stadt Klagenfurt - Freskomalerei auf dem Alten Rathaus.
© Harald Hartmann, August 2006
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
© digitaler Reprint: www.SAGEN.at