Der Krapflbauer

Der alte Krapflbauer ging einmal auf seine Wiese, die am Fuße des „Gralli" auf einem Moose lag. Oben angekommen, bemerkte er an einem Felsen, aus dem eine Quelle hervorsprang, einen „Walisch", der die sonderbarsten Bewegungen und Gebärden machte. Eine Weile sah er dem sonderbaren Tun zu, und dann schrie er ihn an, was er da tue. Der Angerufene erschrak heftig und sagte nach längerem Besinnen: „Krapfl, an diesem Orte liegt viel Gold und kann nur durch diese Zeichen gehoben werden. Da du mich in meiner Beschwörung gestört hast, ist für mich das Gold verloren, und ich muß nun arm in meine Heimat zurückkehren. Solltest du dich einmal verleiten lassen, das Gold selbst zu heben oder jemand davon etwas zu sagen, so müßtest du augenblicklich sterben. Ich habe ein Bild von dir, und du kannst mir nie entkommen." Einige Jahre vergingen, und der Krapflbauer glaubte, daß der arme „Walisch" gestorben sei, denn man hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen. Eines Tages saß der Bauer im Wirtshause und erzählte nun seinen Nachbarn, was er vor einigen Jahren erlebt hatte. Die Erzählung erregte in ihnen die Lust, den Schatz zu heben, und sie machten sich gleich auf den Weg. So auch der Krapfl, aber er kam nicht mehr nach Hause, denn er starb plötzlich auf dem Heimwege. Jetzt verging den andern der Mut, und man zeigt heute noch die Stelle, wo das viele Gold liegt.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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