Wie der Liesergraben entstand

In der Pölla lebte vorzeiten eine Sennerin, die besaß unter anderem zwei Hennen und einen Hahn. Eines Tages legte der Hahn zu ihrer Überraschung ein Ei, das aber bedeutend kleiner war als ein gewöhnliches Hühnerei. Sie tat es in den Butterkübel, doch hier begann es mit schrecklicher Schnelligkeit zu wachsen. In seiner Ratlosigkeit warf das Weib den Kübel samt dem Ei in den Bach. Aber, o Schreck! Aus dem Ei schlüpfte ein junger Lindwurm aus. Der wuchs und wurde von Tag zu Tag größer. Bald war er erwachsen und verschlang das gesamte Vieh auf der Alm. Seine Gefräßigkeit war nicht mehr zu stillen. Da hörte er in Oberdorf das Vieh brüllen und wandte sich dorthinaus. Da aber der Graben nicht so breit war, fraß er sich den Weg durch und so entstand der heutige Liesergraben.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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