Die Wallfahrtskirche in Luggau

Im Jahre 1513 träumte eine alte Bäuerin von ihrem Weizenacker. Auf diesem sah sie im Traume eine kleine Kapelle, in welcher sich ein Bild der Gottesmutter Maria zeigte. Am nächsten Morgen sann sie nach, wie sie es anstellen sollte, daß auf diesem Acker eine Kapelle errichtet werden könnte. Endlich kam ihr der Gedanke, Geld dafür zu sammeln. Sie ging selbst von Haus zu Haus und überall wurde ihr etwas gegeben. Nun fehlte ihr aber noch viel, denn bei armen Leuten konnte sie ja nicht viel aufbringen, und sie wandte sich mit einer Bitte an eine reiche Gräfin. Diese aber war geizig, gewährte ihr die Bitte nicht, und überdies überhäufte sie die arme Bäuerin noch mit Scheltworten.

Hernach träumte es ihr wieder einmal von dieser kleinen Kapelle. Sie hielt dies für ein günstiges Zeichen, ging wieder hinaus und betete zum lieben Gott, ihr doch dies Glück zu verleihen. Mittlerweile aber schlief sie ein. Als sie erwachte, sah sie mit Erstaunen die gewünschte kleine Kapelle fertig dastehen. Nun begab sie sich schnell ins Dorf und verkündete den Leuten dieses Ereignis. Bald wurde es in den Nachbarorten bekannt und zu Ehren der Gottesmutter alljährlich Wallfahrten dahin unternommen. Da der Andrang der Wallfahrer von Jahr zu Jahr stieg, war es nötig, eine große Kirche zu erbauen. Nun aber ritt einst der Sohn dieser geizigen Gräfin nach Luggau. Als die Bewohner des Ortes den Grafen sahen, gingen sie daran, ihn um eine wohltätige Gabe zu bitten. Aber er verweigerte ihnen die Bitte. Auf der Heimkehr wurde das Roß des jungen Grafen störrisch und wollte ihm nicht mehr gehorchen. Da peitschte er das arme Tier und trieb es so an, daß er vom Pferde stürzte und am Sattel hängen blieb. Das Pferd sprang weiter und schleifte ihn mit sich fort. In größter Not sprach er: „Wenn das Pferd ruhig stehen bleibt und ich noch glücklich davonkomme, so lasse ich zu Ehren der Mutter Gottes in Luggau eine Kirche bauen!" Das geschah auch. Das Pferd blieb stehen, der Graf bestieg es und ritt nach Luggau. Dort ließ er die jetzige Wallfahrtskirche errichten. Alljährlich werden dorthin Wallfahrten von nah und fern unternommen.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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