Die Sage vom Pasterzengletscher
Auf jenen Höhen, welche heute die Eisfelder der Pasterze bedecken, waren einst grüne Wiesen, ausgedehnte Matten, wo die Bewohner der dort aneinander grenzenden Länder ihre großen Jahrmärkte abhielten. Als ein solches Fest, wobei es an allerlei Unterhaltungen nicht fehlte, einmal auf einen Sonntag fiel und der heilige Tag durch Tanz, Spiel und ausgelassenes Vergnügen entweiht wurde, da kam, von Gott gesendet, über die Höhen des Großglockners ein furchtbarer Sturm; der Regen fiel in Strömen, von den Felsen herab stürzten schäumende Wasser, den Wiesenplan bedeckten wogende Fluten und rissen Menschen, Vieh und all die Herrlichkeiten des Marktes in die Tiefe und bedrohten sogar die schuldlosen Bewohner des Tales. Da schickte Gott in seinem Erbarmen einen heftigen Frost, der die niederrauschenden Wogen plötzlich erstarren machte und die Frevler im Eise begrub, die schuldlosen Talbewohner aber rettete. Von Zeit zu Zeit soll das Eis des Pasterzengletschers die Leichen solcher Frevler auswerfen.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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