Die Schlangen im Glantal
In Glanegg, auf dem alten Schlosse und in der ganzen Gegend gab es einst so viele Schlangen, daß sie selbst in die Wohnstuben und Küchen drangen und durch nichts zu vertreiben waren. An einem Sonntagvormittage war in einem Bauerngehöfte des Dorfes eine einzige Magd zu Hause geblieben, um für die Leute, welche zur Kirche gegangen waren, das Mittagmahl zu bereiten. Während des Kochens versorgte sie in einem freien Augenblicke die Schweine mit Futter. Als sie vom Stalle in die Küche zurückkehrte und das Kraut umrührte, gewahrte sie mit Entsetzen, daß an dem Löffel eine „Otter“ hing. Doch ein neues Mahl zuzusetzen war es bereits zu spät. So warf sie denn das Tier heraus und dachte: „Wenn ich den Leuten nichts sage, wird ihnen das Essen auch so munden.“ Das tat sie auch und nach dem Mahle versicherten die Hausleute, noch nie so trefflich schmeckendes Kraut gegessen zu haben.
In einem anderen Hause erschien täglich ein weiße Schlange, der die Kuhmagd ein eigenes Schüsselchen mit Milch vorsetzte. Da gab ihr ein alter Mann den Rat, einmal achtzugeben, ob die Schlange ein Krönlein trage. Dies solle sie, während das Tier trinke, sich aneignen und es in die Kiste legen, wo sie ihr Geld aufbewahre. Wirklich bemerkte die Magd, daß die Schlange, bevor sie Milch zu schlürfen begann, ein glitzerndes Krönlein auf den Boden warf, und beeilte sich, es in Sicherheit zu bringen. Seitdem konnte sie aus der Kiste Geld nehmen, soviel sie wollte, es war immer gleich viel da.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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