Der Schmied am Rumpelbache
In einer Schmiede, welche von einem Wildbache getrieben wurde, der wegen seiner Wildheit auch Rumpelbach genannt wird, lebte vor Jahren ein Schmied. Da die Leute seinen wahren Namen nicht kannten, hießen sie ihn einfach den Schmied Rumpelbach oder kurzweg auch nur den Rumpelbach. Er war ledig, hätte aber gar gerne geheiratet. Allein er war außerstande, bei seinem kümmerlichen Gewerbe - die Gegend war abgelegen - ein Weib zu erhalten. Um dies zu ermöglichen, verschwor er dem Teufel seine Seele nach zehn Jahren, wenn dieser ihm seine Werkstätte von unten bis oben mit Gold fülle. Der Teufel willigte ein und setzte dadurch Rumpelbach in die Lage, ein schmuckes Mägdlein als Eheweib heimzuführen. Fast zehn Jahre waren so in ungetrübter Fröhlichkeit dahingegangen. Da kamen eines Tages Josef und Maria mit dem Jesuskindlein auf ihrer Flucht nach Ägypten bei der Schmiede vorüber. Sie baten Rumpelbach, ihrem Eselein die Hufeisen auszubessern. Da er hierfür keinerlei Entgelt forderte, gestatteten sie ihm, drei Wünsche zu tun. Er besann sich nicht lange und wünschte sich eine Bank, die ohne seinen Willen niemanden loslasse, der sich einmal darauf niedergesetzt, einen Kirschbaum, dessen Äste jeden zurückhielten, der einmal von seinen Früchten genossen, und endlich einen Sack, aus dem kein Mensch, einmal darinnen, ohne den Willen des Schmiedes herauskomme. Alles dies gewährten ihm die Heiligen, segneten ihn und zogen weiter. Als nun die zehn Jahre vollends um waren, kam ein Teufel, um Rumpelbachs Seele zu holen. Dieser bat ihn, sich auf die Bank niederzusetzen und zu warten, bis er sich für die Reise gerüstet habe. Der Böse tat es, hatte dies aber bald zu bereuen, denn als er wieder aufstehen wollte, konnte er von der Bank nicht loskommen, ob er auch noch so viel zerrte und zog; der Schmied wollte ihn nur unter der Bedingung freigeben, daß er nie wiederkommen wolle. Als der Teufel darauf einging, durfte er heimkehren. Wie er seinen Kameraden sein Mißgeschick erzählte, wurde er ausgelacht und für dumm gescholten. Ein anderer trat die Reise mit dem festen Vorsatz an, sich auf dieser Bank nicht niederzusetzen. Müde, durstig und hungrig kam er endlich am Ziele an, denn der Weg war weit und die Sonne brannte heiß hernieder. Da lockte ihn der Kirschbaum mit seinen süßen Früchten an. Der Teufel stieg sogleich auf den Baum hinauf und labte sich. Als er aber wieder herunter wollte, faßten ihn die Äste wie Arme und ließen ihn trotz aller Anstrengungen nicht los. Auf das jämmerliche Geschrei des Teufels eilte Rumpelbach aus der Schmiede heraus und fragte ihn, den Teufel, höhnisch, wie ihm die Kirschen geschmeckt hätten. Jedoch gegen das Versprechen, nicht mehr zu kommen, kam auch der frei. Aber nun kam Luzifer, der Höllenfürst selbst, um sich die Seele des Schmiedes zu holen. Da tat dieser sehr freundlich und sagte, er wolle freiwillig mit, ja er wolle sogar den Teufel eine Strecke weit in einem Sack tragen. Der Böse war wirklich so dumm, in den Sack zu kriechen, allein kaum war er drinnen, so ward dieser zugebunden, auf den Amboß gelegt und der schwere Schmiedehammer fiel darauf nieder, und was nützte es, daß der Teufel schrie und winselte; Rumpelbach kannte kein Erbarmen. Nachdem er sein grausames Spiel lange genug getrieben hatte, versprach der Teufel, überhaupt auf die Seele des Schmiedes Verzicht zu leisten; darauf ließ ihn Rumpelbach frei und Luzifer flog in Gestalt einer schwarzen Taube davon. Nachdem sich nun der Schmied auf diese Weise seiner Widersacher entledigt hatte, lebte er mit seinem Weibe wieder vergnügt bis an sein Ende. Bevor sich seine Seele auf den Weg machte, nahm sie noch den Hammer als Andenken mit. An der Himmelspforte angekommen, verwehrte ihm Petrus den Weg, weil er im Leben so viel mit Teufeln verkehrt hatte. Also kehrte Rumpelbach um und versuchte bei der Hölle sein Glück. Doch als die Teufel seinen Namen erfuhren, begannen sie sich zu fürchten. Sie hielten die Türe dergestalt zu, daß ihre Fingernägel außen hervorstanden. Da ward der Schmied zornig, heftete die Teufel an ihre eigene Tür, indem er mit seinem Hammer die Nägel krumm schlug. Nun beschloß er, mit List in den Himmel einzudringen. Er trieb sich in der Nähe der Himmelspforte herum, um vielleicht einmal ungesehen durchschlüpfen zu können. Da sah er folgenden Vorgang: Ein Reiter kam hoch zu Roß und begehrte Einlaß. Da fragte Petrus: „Wer ist draußen?" „Ein Reiter auf seinem Rosse", lautete die Antwort und die Pforte öffnete sich dem Manne. Dies merkte sich Rumpelbach. Schon hatte er eine geraume Weile gewartet, da kam ein altes Mütterchen des Weges. Darauf ging der listige Schmied zu, setzte sich rittlings auf des Weibleins Rücken, pochte kühn an das Tor und anwortete auf die Frage, wer draußen sei, mit den Worten: „Ein Reiter mit seinem Rosse." Wirklich öffnete sich das Tor und Rumpelbach konnte stolz seinen Einzug halten. Da er nun einmal drinnen war, ließen es die Himmlischen dabei bewenden; zudem wurde er von Josef und Maria als der Mann erkannt, der ihnen einmal aus der Not geholfen hatte. Sobald sich der Schmied im Paradiese umgesehen hatte, gelüstete es ihn, einen Blick hinunter auf die Mutter Erde zu machen. Da sah er, wie gerade sein Weib mit einem anderen Manne Hochzeit hielt. Darob ergrimmt, warf er den schweren Hammer hinab und tötete so alle beide; dafür aber ward er aus dem Himmel verstoßen und muß seitdem auf ewig zwischen Himmel und Erde herumwandern. (Oberes Gurktal.)
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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