St. Christoph in Kärnten

Besonders vom Ursulaberge kommen die slowenischen Bauern regelmäßig alljährlich oft zweimal auf den Christophberg, denn sie haben beim Heiligen gar viel am Kerbholz, thronte er doch in altersgrauen Zeiten in der Kirche am Ursulaberge und verhalf durch seine Fürbitte den Bauern zu reichem Erntesegen und zu großer Wohlhabenheit. Anstatt jedoch den Heiligen in Andacht und Gebet dafür dankbar zu verehren, verbrachten sie die ihm geweihten Tage mit Spiel und Tanz. Darüber ergrimmte St. Christoph. Er beschloß, die sündigen Menschen zu verlassen und begab sich auf die Wanderung. Müde und hungrig kam er zu einem Bauernhause auf dem heutigen Christophberge. Dort hatte soeben die Bäuerin einen großen Brotvorrat gebacken und die Laibe vom Ofen heraus vor die Haustüre zum Auskühlen gestellt. St. Christoph setzte sich auf die Hausbank, um auszuruhen, und verzehrte alle mit Heißhunger. Die Bäuerin kam nach einer Weile, um nach ihren Broten zu sehen, und da sie keines mehr erblickte, fragte sie den fremden Wanderer, was damit geschehen sei. Der antwortete gar treuherzig, er habe einige Brosamen vor der Türe gefunden und dieselben verzehrt. Da das Land ihm hier gefiel und die Leute auf dem Berge fromm und mildtätig waren, ließ er sich da nieder und wird jetzt in der dortigen Kirche von den Gläubigen besucht und verehrt.

Wie ganz anders erging es denen unten im Lande, die der Heilige verlassen! Dem einen war das schönste Vieh gefallen, dem andern verzehrte eine Feuersbrunst Haus und Hof. Ein Jahr zerschlug der Hagel die üppigen Felder, im nächsten vermurten jäh angeschwollene Bäche die schönsten Äcker mit Steingerölle.

Da gelobte man eine Wallfahrt auf den Christophberg, um den tief beleidigten Heiligen wieder zu versöhnen. Und St. Christoph war nicht unerbittlich; das Getreide geriet nach der Wallfahrt wieder einmal nach langer Zeit recht gut. Deshalb beschloß man alljährlich eine Kirchfahrt nach Sankt Christoph, und darum opfert man heutzutage noch daselbst zu Laurentius frisch geernteten Roggen und nimmt sich dafür geweihten in die Heimat mit, um ihn unter das Saatkorn zu mengen.

Als einmal die Wallfahrten auf den Christophberg etwas nachließen, wollte der Heilige auch von da wieder wegziehen. Seine Statue stand eines Morgens am Kirchenfenster, wurde aber zum Glücke dort noch rechtzeitig bemerkt, auf den Altar zurückgebracht und durch vieles Bitten wieder zum Bleiben bewogen.

St. Christoph gilt hierzulande übrigens auch als Pestheiliger und wird gleich dem heiligen Sebastian als solcher verehrt.

Vor mehr als 50 Jahren wäre es dem armen Halter Hiasl von Mirnig ob Eberstein beinahe geglückt, in den Besitz eines großen Schatzes zu kommen. Er hatte den Heiligen durch ein recht kräftiges Christophgebet beschworen. St. Christoph erschien ihm im Traume und befahl ihm, sofort auf die gewohnte Weide zu gehen. Dort unter der großen „Kranabetstaude" (Wacholder) solle er eine Steinplatte aufheben und einen Schlüssel herausnehmen. Dieser passe nämlich zum großen eisernen Tore eines benachbarten Steinofens (Steinwand), in welchem Hunderte von Fässern mit Wein und andere mit harten Talern vorhanden seien.

Ja, wenn er nur nicht wieder eingeschlafen wäre. Als kaum der Morgen graute, ging Hiasl zwar auf die Weide, hob mit Mühe die Steinplatte, fand aber statt des Schlüssels eine riesige Kröte, die ihn anglotzte und davonwatschelte. Nach einer kleinen Weile hörte er im Steinofen lautes Jammern und Wehklagen. Da grauste es ihn gar arg, und er war recht froh, daß es Tag geworden. Das häßliche Tier war ganz sicher eine arme verwunschene Seele, zu deren Erlösung er die rechte Zeit versäumt hatte.

Der Großvater des vorletzten Besitzers am Jandlhofe in Brückl hatte die Meierei auf Schloß Gillitzstein gepachtet. Er befand sich in dürftigen Verhältnissen und sann stets auf Mittel, seiner Not abzuhelfen. Arbeit und Sparen reichten nicht aus, um seinen Hof herbauen zu können, deshalb setzte er sich in den Kopf, der heilige Christoph müsse helfen.

Einst übernachtete er auf Gillitzstein, um am nächsten Morgen seinen um die Hornburg weidenden Rindern „Leck" (mit Salz vermischte Kleie) zu tragen. Da erzählte bei der Frühsuppe einer seiner Knechte, daß er im Traume unter einem Fenster der Hornburg den Eingang in den Burgkeller gesehen habe. Jandl hörte der Erzählung schweigend zu, packte Knödel und Salz in seinen Rucksack und schritt eilends den Hornberg hinan, fort und fort den heiligen Christoph um Hilfe bittend.

In der Ruine fand er nach kurzem Suchen das Fenster und unter demselben eine Lage alter Bretter. Er räumte diese weg und siehe, vor ihm lag der Eingang in den Keller. Jandl stieg mehrere zerbröckelte Stufen hinunter und sah in einem großen Gewölbe eine offene eiserne Truhe mit alten viereckigen Talern gefüllt. Er gedachte voll Freude, wie jetzt auf einmal der heilige Christoph ihm aus aller Not geholfen habe. Rasch steckte er von den Münzen ein, was eben in seinem Rucksacke Platz hatte. Weil das aber nur wenig war, rannte er nach Gillitzstein und fuhr mit den Ochsen zur Ruine, füllte die Taler in Säcke und führte sie nach Hause. Wohnhaus und Scheune wurden neu gebaut und der Jandlhof erhielt das stattliche Aussehen, in dem er sich noch heute den Vorübergehenden zeigt.

Eine Bauernwitwe auf Hochfeistritz wurde von großer Schuldenlast schwer gedrückt. In ihrer Not beschloß sie nun, den heiligen Christoph um Hilfe anzurufen. In tiefer Nacht stand sie auf, zündete geweihte Kerzen an und betete den Christophorussegen. Der Knecht, der vom Stalle aus das Licht in der Wohnstube bemerkt hatte, schlich sich zum Fenster, hörte die Bäuerin beten und betete dort das Schatzgebet recht andächtig mit. Da tat sich plötzlich die Stubentüre auf, St. Christoph erschien und leerte seinen von Gold- und Silbermünzen übervollen Wetscher (Sack) vor der erschreckten Wittib mit den Worten aus: „Das für dich und für den, der draußen so brav mit dir gebetet hat."

Noch heute nach einem Menschenalter sind die Erben dieses Paares vermögliche Leute.

Der heilige Christoph kann aber auch recht böse werden, wenn er als Schatzbringer gerufen, seine Hilfe aber aus Feigheit zurückgewiesen wird.

In der Nähe von Eberstein lebte bis vor einigen Jahren die alte Thresl, deren rechte Wange durch einen schwarzen Fleck verunstaltet war. Dieses „Mal" hatte sie vom heiligen Christoph bekommen. Das Weib trachtete beständig nach Geld und wollte durch den heiligen Christoph in den Besitz eines großen Schatzes gelangen. Sie beschwor daher den Heiligen an einem Samstage nach dem Neumonde. Den ganzen Tag vorher hatte sie gefastet und bis Mitternacht bei einem geweihten Wachslichte, die Augen beständig auf ein Christophbild gerichtet, gebetet. Schlag 12 Uhr begann sie das Schatzgebet und sofort stand der Heilige vor ihr, nahm sie bei der Hand und forderte sie auf, mitzugehen. Als Thresl den Riesen mit den strengen Gesichtszügen erblickte verlor sie den Mut, riß aus und schrie aus Leibeskräften. Der Heilige, darüber erzürnt, versetzte ihr eine schallende Ohrfeige, von der sie Zeit ihres Lebens das Merkmal, die schwarze Wange, behielt.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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