Die Kirche von St. Radegund
Die Kirche von St. Radegund, eine Filialkirche der Pfarre St. Nikolai im Jauntale, Gemeinde Rüden, stand früher an der Reichsstraße, auf der im 19. Jahrhundert großer Fuhrwerksverkehr herrschte. Eines Tages fand man die Marienstatue in einem Berberitzenstrauche, weit entfernt von ihrem alten Platze. Anfangs meinte man, daß hier freche Buben die Hand im Spiele hatten. Ein frommer Mann trug die Statue zurück in die Kirche. Abends paßte man auf, ob etwa die Kirchenschänder wiederkommen würden. Die Wache stand vergebens. Kein Mensch war in der Nacht zu bemerken. Doch am Morgen war die Statue abermals verschwunden. Dies wiederholte sich einige Male nacheinander. Da kam ein schlichtes Bauernmädchen und erzählte den Leuten, daß sie eine Erscheinung gehabt habe. Tränenden Auges sei ihr Maria erschienen und habe gesagt, daß ihres Bleibens an diesem Orte nicht länger sein könne, da sie durch das Fluchen und Lärmen der Fuhrleute beständig gestört werde. Die Erzählung des Mädchens fand Glauben, und heute erhebt sich an der Stelle des Berberitzenstrauches eine schöne Kirche.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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