Der Tod und die Tödin

Einst sprach der Tod zur „Teadin“: „Ich nehme die Sense, du den Rechen; ich werde mähen, du rechnest nach.“ So zog das Totenpaar den Maltaberg hinauf. Als sie zum letzten Bauer kamen, fing der Tod an zu mähen, den ganzen Maltaberg herunter, und sie streifte hinterdrein die Mahd mit dem Rechen ein. Indes wütete auf dem Berge die Pest, kein Mensch blieb am Leben, alles mähte der Tod nieder.

In Seeboden heißt es: An einem Sonntag soll man nicht Wäsche waschen, sonst kommt die „Teadin“ und wäscht mit. Sie ist die Frau des Todes. Oft hat man sie am Bache schon „ploien“ gehört, manche Leute wollen sie sogar gesehen haben in Gestalt eines schwarzen, abschreckend häßlichen Weibes, das einen gänzlich verflickten Rock an hat und einen „fla-katen“ (herabhängenden) Hut auf dem Kopfe trägt.

Auch in Fellach bei Villach und Umgebung ist die Sage von der Teadin verbreitet. Wenn Weiber bei Mondschein waschen, gesellt sich ihnen ein Weib zu, das auch waschen will. Wenn die Wäscherinnen bemerken, daß die neue Genossin kein menschliches Wesen ist, weil es immer größer und größer wird, ergreifen sie wohl schreiend die Flucht.

So war es einst zu Fellach, als mehrere junge Mädchen im Mondschein wuschen. Da kam die Tödin herbei und half ihnen, während ihr Leib mit unheimlicher Schnelligkeit emporwuchs. Die Mädchen bemerkten dies und rannten aus Leibeskräften bis zu ihrer Hütte, die sie noch vor der Tödin erreichten. Diese schlug wütend ihren Fetzen auf die Tür, und lange konnte man daran Kratzspuren sehen. Die Leute sagten, der Geist habe nicht die Macht besessen, eines der Mädchen zu töten, weil es ihm noch nie gelungen war, mit seinem Fetzen einen Menschen zu erdrosseln.

Einst soll die Tödin wieder am Bache Wäsche gewaschen haben, als ein Soldat über die Brücke ging. Kaum ward er des schönen Mädchens unter der Brücke ansichtig, als er ihm seine Mütze zuwarf. Die Tödin aber nahm sie auf, klopfte damit dreimal auf einen Stein, und die Mütze war schneeweiß. Dann warf sie diese dem Soldaten zu. Als dieser den Vorgang bemerkte, ergriff er schleunigst die Flucht. Die Tödin verfolgte ihn zwar, doch entging er ihrer Hand.

Wenn ein Wäschestück über Nacht im Freien bleibt, wäscht es die Tödin nochmals aus. Ein Bursche, dessen Hemd über Nacht draußen geblieben und von der Tödin gewaschen worden war, ging, ohne dies zu wissen, zur Tanzmusik. Auf dem Heimwege spürte er bereits einen heftigen Schüttelfrost, und in kurzer Zeit war er eine Leiche. Denn was die Tödin gewaschen, bringt seinem Träger den Tod.

Einst ging ein Bauer um Mitternacht seiner Behausung zu. Da wurde er im Dahinschreiten plötzlich gewahr, daß eine Frau, mit einem weiten Schlapphut auf dem Haupte, vor ihm einherging. Er wollte ihr vorauseilen, aber je schneller er ging, desto schneller ging auch sie. Das dauerte eine Zeitlang, und dem Bauer begann es allgemach zu gruseln. Mittlerweile gelangten sie zum Hause, doch was war das? Die Fremde trat durch die Tür ein; der Bauer, der ihr folgte, konnte sich nicht erklären, was sie zu so später Stunde in seinem Hause zu suchen habe. Sie eilte über die Stiege hinab in die Küche und öffnete die Tür, welche von dort in den Keller führte. Er eilte ihr betroffen nach und erreichte sie auf der Kellerstiege. Dann hob er den Schlapphut in die Höhe und o Schrecken, das bleiche Antlitz des Todes grinste ihm entgegen. Da machte er schnell das Kreuzzeichen, und der Spuk verschwand augenblicks. (Feistritz-Pulst.)

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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