Der Traxstoffel
Unweit des „Blauen Tumpfes“ im Malteintale liegt die Schönau, deren saftiggrüne Wiesen im Jahre 1903 durch einen Bergsturz verschüttet wurden. Auch die Traxhütte ging dabei zugrunde. Diese Sennhütte war noch am Anfange des vorigen Jahrhunderts ein Bauernhaus und das ganze Jahr hindurch bewohnt. Ein Teil der Schönau wurde damals mit Getreide bestellt.
Es geht die Sage, daß beim Trax einmal ein gewisser Stoffel Besitzer war, der sich auf Zauberkünste verstand. Eines Tages befahl er seinem Knechte, daß er sich auf den Weg ins Elend zur Arlhöhe mache, um Schafe heimzutreiben. Er möge nur flink vorausgehen, der Bauer werde bald nachkommen. Der Knecht packte eine Jause ein, ging fort und glaubte dem Bauer das Nachkommen recht leicht zu machen, indem er sich möglichst Zeit ließ. Jedoch so langsam er auch wanderte, der Stoffel holte ihn nicht ein. Da dachte der Mann, es sei am besten, ein wenig zu warten, setzte sich bei der Quelle unter der Langwand nieder und aß von seiner Jause. Da kam plötzlich ein mächtiger Geier das Tal entlang geflogen; er strich so knapp über den rastenden Knecht hin, daß dieser die Augen des Vogels funkeln sah und das Wehen der gewaltigen Schwingen spürte. Noch eine Weile wartete er, vom Stoffel war nach wie vor nichts zu sehen; dann ging er langsam wieder weiter und sah noch oft nach dem Bauer zurück. Wer beschreibt aber sein Erstaunen, als er auf der Arlhöhe ankam und seinen Herrn bereits oben sitzen sah und schelten hörte über sein langes Ausbleiben. „Wo seids ös mir denn fürgången?“ fragte der Knecht und setzte hinzu: „I hån enk ninderscht g’seach’n!“ - „Aber i hån di g'seach’n“, erwiderte Stoffel zornig, „du långsåmer Mensch, wia du beim Långewåndbrunn g’jaus’nt håst.“ Nun wußte der Knecht, wer der große Geier mit den Funkelaugen gewesen war, und er sah dazu, daß er bald in einen andern Dienst kam.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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