Das Vermante (Bemante)

Leute, deren Augenbrauen über der Nase zusammenlaufen, aber auch andere können mit ihrem Blick Böses zufügen („vermanen“), wenn sie etwas stier, mit begehrlichen Blicken oder neidvoll ansehen. Einmal kam ein Mann in das Wirtshaus zu Diex und schaute mit so stechendem Blick in sein Glas, daß es in der Mitte entzweisprang. Zahlreiche Sagen erzählen, daß Leute, die sich auf das Verwünschen und „Vermachen“ verstanden, ihren Feinden oder Nebenbuhlern oft schweren Schaden zufügten.

So soll das Haus „beim Spieß“ in Sittich „vermacht“ sein, kein Besitzer kann dort bestehen. Einmal soll nämlich ein Weib, das zaubern konnte, hingekommen sein und gesagt haben: „So wenig auf dieser Herdgrube je Gras wachsen kann, wird ein Besitzer in diesem Hause bleiben können.“

Wer das „Vermante“ besitzt, fängt an abzumagern und siecht langsam aber unrettbar dem Tode entgegen. So erging es einem Kleinbauer zu Gmünd. Schon hatte er alle Hoffnung verloren, da kam ein Männlein von Spittal, und als es den Sachverhalt erfuhr, riet es ihm, ein Bad zu nehmen. Das Wasser mußte unter einer Brücke geschöpft werden, über die ein Brautpaar und ein Leichenzug geschritten waren; in dieses sollten Steine von der Dachtraufe und gewisse Alpenkräuter gegeben werden. Der Kranke befolgte alles getreulich, ward gesund und blieb bis auf den heutigen Tag von jeder Krankheit verschont.

Beim Zölling, in Rennweg geschah es einmal, daß ein Ochs an einer seuchenartigen Krankheit zugrunde ging. Bald ereilte es den zweiten und den dritten und vierten, in einigen Tagen hatte der Bauer um vier Ochsen weniger. In Spittal hauste damals das „alte Bergerle“, welches in solchen Angelegenheiten zu helfen wußte. Der Bauer ließ ihn holen, um das Geheimnis zu lüften. Durch den Hausknecht erfuhr das Männlein, daß die Ochsen, bevor sie verreckt, den Kopf immer gegen den „Futterwurf“ gerichtet hätten; sodann mußten alle das Gehöft verlassen, und der Helfer schloß sich um Mitternacht in dem Stalle ein; emsig begann er unter dem Heuwurf zu graben, bis er die Ursache des Unheils fand, einen weißen Rindsschädel. Ein Feind des Bauers hatte ihn in böser Meinung hier eingegraben und damit den Tod der vier Ochsen bewirkt. Seit aber der Rindskopf entfernt war, blieben die Tiere von weiterem Übel verschont.

Einen Büchsenschuß von Rennweg entfernt liegt das Dörfchen Slapf. Hier lebten zwei Bauern, der Håslitzer und Hoisensimon, wie Hund und Katze. Der Håslitzer aber kannte einen Zauber, wodurch er seinem Nachbar furchtbaren Schaden zufügte. Im Hause des Hoisensimon war man zu gewissen Stunden seines Lebens nicht mehr sicher; von allen Seiten, nicht bloß durch das Fenster, flogen Steine in die Stube, von Wand und Decke surrte es herab. Aus allen Gegenden kamen Leute herbei, um dieses grausige Spiel zu beobachten.

Einst kehrte im Vorüberziehen ein alter, ausgedienter Soldat hier ein. Als man ihm die traurige Geschichte erzählt hatte, wußte er sogleich Rat und sagte, daß der Håslitzer solches Unheil stifte. Seitdem war man davon erlöst und reich belohnt wanderte der Soldat weiter.

In Olsach, einem Dörflein bei Spittal, lebte ein Bauer glücklich und zufrieden, bis ihn plötzlich das Glück im Stiche ließ. Eine Viehseuche raffte seine besten Ochsen dahin. „Sie haben halt das Vermante“, raunten die Leute. Lange Zeit währte die Seuche und jeden Tag fiel ihr ein Stück zum Opfer. Da hieb der Bauer einem lebendigen Ochsen den Kopf ab und hängte ihn auf den Giebel seines Hauses. Von nun an hatte er Ruhe.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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