Das „Walische Mandl" im Kleinen Stuhl
Im Kleinen Stuhl, der sich in der Nähe des Hochstuhls erhebt, befindet sich die sogenannte Knappenhöhle. Von dieser gelangt man auf einer morschen Leiter in einen dunklen Schacht, der tief in den Berg führt und endlich vor einer eisernen Platte abschließt. Vor Jahren soll öfter ein „Walischmandl" diese Höhle aufgesucht und jedesmal zwei irdene Töpfe, die er bei sich trug, mit Gold gefüllt zurückgebracht haben. Dies soll er längere Zeit betrieben haben, bis er einmal von einem Halter gesehen wurde. Er hatte nämlich beim Einstiege seine Zaubergläser und den Mantel vor der Höhle liegen lassen. Der Hirte kam zufällig an die Stelle, wo beides auf einem Baumstrunke lag, erblickte die Augengläser und steckte sie aus Vorwitz an die Nase. Da brach er in einen Ruf des Staunens aus, denn in unmittelbarer Nähe sah er in dem Berge eine Höhle, in der das schönste, reinste Gold floß. Kaum hatte er die Zaubergläser wieder abgenommen, so sah er nichts als nackte, undurchsichtige Felsen. Schon wollte er das Kunststück ein zweites Mal versuchen, da erschien der Besitzer des Glases, nahm ihm die Brille aus der Hand und sprach: „Bemühe dich nicht vergeblich, du kannst das Gold doch nicht gewinnen. Ich habe meine Seele dem Teufel verschrieben, um während meines ganzen Lebens und auch nach dem Tode alleiniger Besitzer des Schatzes zu bleiben. Nie wird ein Mensch dazu gelangen. Aber dereinst werden bei einem Wirte im oberen Bärental schwarze Zwillingsstiere geboren und dann werden sich Leute finden, welche mit diesen Zugtieren das Gold fortführen und dadurch auch mich aus des Teufels Krallen befreien werden." Hierauf teilte er dem staunenden Hirten noch mit, daß sich im Berge eine dicke Walze reinen Goldes mehrere Kilometer lang hinziehe, und verschwand.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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