Geh’, Weib, hol’ Leute

Ein Bauer hauste mit seinem Weibe ganz einsam und weit entfernt von den anderen Häusern. Da starb plötzlich der Bauer abends, und die bedauernswerte Bäuerin mußte ihn allein aufbahren und traute sich allein nicht in die dunkle Nacht hinaus. Schluchzend lehnte sie an der Bahre, da erhob sich plötzlich der Tote und sprach: „De Liab is aus, de Trei is aus, geah, Weib, hol’ Leit.“ Sie wollte den Toten nicht allein lassen und ging nicht, als er auch ein zweites Mal dieselben Worte aussprach. Noch einmal erhob er sich und sprach drohend zum Weibe: „De Liab is aus, de Trei is aus, geah, Weib, hol’ Leit oder i z’reiß di zu Stab (Staub) und Asch’n.“ Jetzt erhob sie sich und eilte hinaus in die finstre Nacht und kehrte bald mit einigen Leuten zurück. Sie beteten miteinander für sein Seelenheil. Der Tote aber rührte sich nicht mehr. (Gurktal.)

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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