Wettlauf mit dem Teufel
In einer stürmischen Nacht ging einst ein Bursche heimwärts. Er dachte an sein Liebchen, dem er eben einen Abendbesuch abgestattet hatte. Er hörte nicht das Sausen und Krachen in den Eichen, spürte nicht den schneidigen Wind, der von den Tauern eisig ihm entgegenpfiff. Bald war er unten am Eichbüchel angelangt; da schreckte ihn ein gellender Jauchzer, der weit hinter ihm in die schaurige Nacht hinausklang, aus seinen Träumen auf. Das war kein Jubelschrei eines Sterblichen, das war die Stimme des Teufels. Der Schreck fuhr dem jungen Manne in die Glieder, er schwang sich über den Zaun und rannte querfeldein seinem Heimatsorte zu. Er wußte, daß der Teufel ihn nur auf der Straße verfolgen durfte. Schon vernahm er ein Krachen im Eichenwald, den er immer weiter hinter sich ließ, ein Schnauben und Pfeifen drang an sein Ohr; er wagte nicht umzuschauen. Der Teufel raste auf dem Wege daher. Er glaubte sein Opfer sicher zu erreichen, denn einmal mußte der Bursche gerade vor dem Vaterhause den Weg überqueren. Nun begann ein furchtbarer Wettlauf. Des Teufels Bann war der Weg; der Bursche, von Furcht zur Eile getrieben, rannte über die Felder seinem Vaterhause zu. Das bietet ihm Schutz, dort ist es mit der Ilkacht des Teufels vorbei. Doch wer kennt die Geschwindigkeit des Bösen nicht? Da stellt sich ihm ein neues Hindernis in den Weg. An der Wegkreuzung steht das Bild des Erlösers, daran wagt sich der Satan nicht vorüber. Er muß einen großen Umweg machen. Kaum erreicht der todmüde Bursche das Haus und schlägt die Tür zu, so langt auch der Teufel an seinem Ziele an. Doch er hat das Nachsehen. Er nimmt ein paar riesige Bachscheiter, schleudert sie in grimmiger Wut gegen das Haus und fährt dann mit eingezogenem Schwänze unter furchtbarem Donner zur Hölle hinab. (Maltatal.)
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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