Das walische Mandl und der Pfarrer von Latschach

Der Igelbauer, vulgo Ičnik, aus Latschach hatte unter dem kleinen Mittagskogel eine Alm. Eine Sennerin versorgte auf dieser Alm das Vieh für den Bauer. Sie kam jede Woche einmal ins Tal herab, um für sich Verpflegung zu holen. Da fiel es dem Bauern auf, dass die Sennerin jedes Mal einen goldenen Dukaten herumzeigte, wenn sie ins Tal kam. Auf die Frage, woher sie denn diesen hätte, erzählte die Sennerin, es käme zu ihr des öfteren ein walisches Mandl und bleibe da in der Sennhütte über Nacht. Am frühen Morgen bricht es auf und kommt erst am späten Nachmittag mit einem vollen Sack wieder zurück. Für das Schlafen und Essen gibt es ihr immer einen goldenen Dukaten.

Jetzt wurde der Bauer neugierig und wollte erfahren, was denn das walische Mandl auf der Alm zu tun hätte. Er trug daher der Sennerin auf, sie sollte unbemerkt am Abend ein Feuer anzünden, wenn der Fremde wieder käme. Dies sei für ihn die Verständigung. Nach mehreren Tagen bemerkte der Bauer abends ein Feuer auf seiner Alm und wusste so, dass sich das walische Mandl dort befinde. Er nahm sein Gewehr und stieg auf seine Alm hinauf.

Am nächsten Morgen verfolgte der Igelbauer den Welschen. Dieser stieg zum kleinen Mittagskogel auf und verschwand dort in einem Felsloch. Nach längerer Zeit kehrte das Mandl mit einem prallgefüllten Rucksack aus dem Loch zurück. Jetzt verstellte der Bauer ihm den Weg und nahm sein Jagdgewehr in Anschlag. Er forderte den Welschen auf, den Inhalt des Rucksackes zu zeigen. Sogleich folgte der Fremde aus Angst um sein Leben. Da kamen Steinklumpen zum Vorschein, die wie Gold schimmerten.

Nun erzählte das walische Mandl von seinen Schürfungen und zeigte schließlich auch dem Bauer die verborgene Stelle. Alsbald kamen die beiden überein und schlössen miteinander einen Vertrag. Das walische Mandl versicherte, nicht mehr hier heraufzukommen, wenn ihm der Bauer die Hälfte seiner gewonnenen Schürfungen nach Italien, und zwar nach Udine bringe. Er trug weiters dem Bauer strenge auf, davon niemandem etwas zu sagen, ansonst würde ihn ein furchtbares Schicksal treffen.

Der Bauer hielt sich an dieses Übereinkommen und wurde ein reicher Mann. Als er nach längerer Zeit wieder einmal nach Udine kam, um sein Goldgestein abzuliefern, da lud ihn der Welsche zum Essen ein. Als sie so beim letzten Tischgericht angelangt waren, kam eine zugedeckte Schüssel auf den Tisch. Der Welsche nahm den Deckel ab, und in der Schüssel lag ein Revolver und ein Messer. Da meinte das walische Mandl: »Ich könnte dich jetzt töten, da auch du mich am Leben bedroht hast. Doch wir wollen uns an unseren Vertrag halten.« Jetzt nahm er den Revolver und meinte zum Igelbauer: »Schau hier in diesen Spiegel!« Als der Bauer in den Spiegel sah, erblickte er darin seine Alm daheim und vor der Hütte zwei Kühe auf der Weide. Nun fragte ihn das walische Mandl voll Gier und Hohn: »Aufweiche der beiden Kühe soll ich schießen?« Der verdutzte Bauer dachte sich nichts dabei und zeigte auf die ältere. Der Welsche drückte ab, und der Bauer sah, wie die Kuh tot umfiel. Dann wandte er sich zum Igelbauer: »Solltest du dich nicht an unsere Übereinkunft halten, so wird es dir genauso ergehen!« Als der Bauer wieder heimkam, erfuhr er alsbald, dass seine älteste Kuh auf der Alm plötzlich umgestanden sei. Da er nun näher um die Zeit des Vorfalles fragte, stimmte diese genau mit dem Augenblick überein, da der Walische zu Udine in den Spiegel geschossen hatte.

Jetzt bekam es das Bäuerlein gar sehr mit der Angst zu tun. Es ging bei nächster Gelegenheit zum Pfarrer Laitschacher, um zu beichten und alles zu erzählen. Der Pfarrer von Latschach war aber ein gelehrter Mann, der auch über die geheime Chemie Bescheid wusste. Er überredete den Igelbauer bald und ließ sich die Fundstelle zeigen. Nach einiger Zeit erfuhren die Leute, dass der Pfarrer unter dem Mittagskogel nach etwas schürfe, was er dann zu Hause verarbeitete. Zur selben Zeit begann der Pfarrer auch schon mit seinem neuen Kirchenbau. Dabei wurden die Arbeiter alsbald aufmerksam, dass sie der Pfarrer am Ende der Woche immer mit neuem Geld auszahlte. Bald verbreitete sich die Kunde, dass der Pfarrer Laitschacher das geschmolzene Erz nach Italien verkaufe und dafür immer neues Geld bekomme. Später aber hieß es, dass er sogar selber Münzen prägte.

Der Bauer, der davon erfuhr, erinnerte sich nun der Worte des walischen Mandls. An einem Sonntag ging er zum Wurotswirt, dem heutigen Hotel Mittagskogel, und als er dort fröhlich bei einer Tischrunde saß, fiel er plötzlich tot zu Boden.

Von den Goldfunden und der Geldmacherei erfuhren natürlich auch die Obrigkeiten und Behörden. Der Pfarrer wurde daher alsbald von Aufpassern beobachtet. Eines Tages kamen sogar früh morgens Trenkpanduren mit dem Auftrag, den Pfarrer zu verhaften. Dieser muss aber davon rechtzeitig erfahren haben. Als er nämlich die heilige Messe zelebrierte, stürzte er plötzlich nach der Kommunion tot zu Boden. Die Leute redeten später, er habe vor Beginn der Messe Gift eingenommen.

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Man erzählt diesen Vorfall auch noch anders. Als nämlich nach der heiligen Messe die Köchin des Pfarrers bemerkte, dass Gendarmen in der Pfarrhof kamen und nach dem Pfarrer fragten, verwies sie diese, der Pfarrer sei in seiner Kanzlei, sie hätte ihm soeben das Frühstück dorthin gebracht.

Als man nun in die Kanzlei eintrat, lehnte der Pfarrer mit über dem Kopf verschränkten Händen an seinem Tisch. Als ihn nun die Gendarmen anfassten, bemerkten sie erst, dass er tot war. Es heißt, dass ihn der Herrgott nicht dem weltlichen Gericht ausliefern wollte, sondern dass er ihn selbst richtete. Das Urteil für ihn soll nämlich gelautet haben, dass er lebendig in der Kirche eingemauert worden wäre. In der Kanzlei aber soll man sein Testament mit folgendem Inhalt gefunden haben: »Sollte ich aus dem Erlös der verkauften Edelmetalle mit Unrecht meine Kirche gebaut haben, so wird mein Leichnam nach hundert Jahren verwest sein. Habe ich aber im Namen Gottes und recht gehandelt, so bleibt mein Leib unverwest.«

Die Obrigkeit erlaubte nun, dass Pfarrer Laitschacher in einer Gruft in der Kirche beigesetzt wurde. Im Jahre 1872 wurde diese Gruft erstmals nach hundert Jahren wieder geöffnet. Dabei fand man den Leichnam des Pfarrers unverändert vor. So bestätigte sich sein Testament und wurde damit erwiesen, dass er in Gottes Namen gehandelt hatte. Es wird auch erzählt, dass bei der Eröffnung der Gruft im Jahre 1872 ein Schuster namens Fritz zugegen war, der dem Verstorbenen die Betschnur ausgetauscht haben soll.

Quelle: Tschermernjak, 1965, S. 10 f., zit. nach Sagen aus Kärnten, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1993, S. 156 - 160.