DER BEFREITE GEFANGENE

Während des Einfalls der Türken im Jahre 1480, als sie bis in das obere Lavanttal streiften, führten sie einen gefesselten Bauern namens Sturm, der aus Obdach stammte, an den Schweif eines Pferdes gebunden mit sich. Als sie nun in die Gegend kamen, wo jetzt im sogenannten Zankergrund ein Kreuz steht und man die Kirche St. Leonhard zuerst erblickt, machte der Gefangene das Gelübde, im Falle seiner Befreiung eine Kette verfertigen zu lassen, die zweimal die Kirche umziehen würde. Er wurde erhört. Unbemerkt von seinem Führer lösten sich seine Bande und es gelang ihm zu entkommen. Der glückliche Befreite hielt getreulich sein Gelübde, ließ die Kette verfertigen, wovon jedes Glied einen Schuh lang war, und verordnete, daß die Nachkommen seiner Familie für die Erhaltung derselben sorgen, oder, so sie durch ein Jahr keiner Ausbesserung bedürfe, ein Opfer von fünf Groschen entrichten sollten, wie es auch immer geschah. Die Kette ist seit etwa hundert Jahren verschwunden.


Quelle: Franz Pehr, Kärntner Sagen. — Klagenfurt 1913