MARGARETHA MAULTASCH

Die Einwohner in Tirol und Kärnten erzählen viel von der umgehenden Margaretha Maultasch, welche einst eine äußerst stürmische und kampflustige Fürstin des Landes war, die viele Burgen und Städte eroberte und zerstörte, und oft unschuldiges Blut vergoß, und von dem großen Maul, das sie gehabt, also benannt worden ist.

Zu Klagenfurt im Zeughaus wird ihr Panzer verwahrt, da geht niemand gern hinein, wenn abends die Betglocke bereits geläutet worden, denn man sagt, daß dann Maulschellen von unsichtbaren Händen fielen. An dem großen Brunnen, wo ein aus Erz gegossener Drache steht, sieht man Margaretha auf dunkelrotem Pferde nächtlich reiten. Auch auf dem alten Schlosse zu Meran erscheint dieser kriegerische Geist, neckt die Gäste und hieb einst, bei einer Hochzeit auf dem Schlosse, mit bloßem Schwerte zwischen das neuvermählte Brautpaar, jedoch ohne daß dieses etwas vom Schwerte fühlte.

Auch unfern des Schlosses Osterwitz steht ein altes Gemäuer, bei welchem manche Hirten auf dem Felde, wenn sie vorwitzig oder unvorsichtig allzu nahe hinzukamen, mit Peitschenhieben von Geisterhänden gezüchtigt wurden. Darum steckte man in diese Gegend gewisse Zeichen, über welche hinaus keiner sein Vieh treiben durfte. Auch meidet das Vieh von selbst, von dem schönen und fetten Grase, das um jenes Gemäuer her wächst, zu fressen, wenn ja ein Hirte, aus Unwissenheit und den Spuk nicht kennend, es dahin treiben sollte.


Quelle: Volkssagen, Mährchen und Legenden des Kaiserstaates Österreich, Ludwig Bechstein, 1840