SCHLANGENZAUBER
In Zell-Schaida, so erzählte einmal im August des heurigen Jahres Herr Potisk aus dem Loibltal, soll es einst recht viel Schlangen gegeben haben. Besonders viele sollen in dem Bauernhaus unterm kleinen Obir und in dessen Nähe gewesen sein. Nirgends war man vor ihnen sicher, selbst im Geschirr und in den Töpfen, wenn sie offen dastanden, hätten sich Schlangen eingenistet. Und die Leute wußten sich nicht mehr zu helfen.
Ein mutiger Knecht ersann eine List und wollte die Zellaner von dieser Plage erlösen und meinte: "Ich weiß schon, wie ich die Schlangen vertreiben und auch töten kann." Aber vorsichtshalber frug er die Leute, ob wohl nicht eine weiße Schlange bei den Tieren sei. Die Leute verneinten, weil niemand eine weiße Schlange zu Gesicht bekommen hatte. Und darum hatte der Knecht auch den Mut für sein Vorhaben.
Einmal, es dürfte gegen Abend gewesen sein, machte der Bursche in der Nähe eines Baumes ein großes Feuer. Dann stieg er auf den Baum und tat einen langen Pfiff. Sofort kamen alle Schlangen herbei, die im Freien waren und die sich in den Häusern aufhielten und eilten zum Baum durch das Feuer, so verbrannten sie. Da aber kam auch die weiße Schlange pfeilschnell daher und wand sich zum Baum. Da tat der Knecht einen Schrei und fiel tot zu Boden.
Quelle: Anna Zerobin, Sagen und Erzählungen
aus dem Rosenthal, in: Carinthia I, Nr. 145, 1955, Seite 764