DIE "GUATEN LEUTLAN"
Im Lesachtal öffnet sich bei St. Lorenzen eine wildromantische Schlucht, der Radegunder Graben, in dessen hinterstem Winkel ein Badhaus steht. Nicht weit davon, im "ungehohlten Kofel", sollen die "guaten Leutlan" sich aufgehalten haben, von welchen der Volksmund manches zu erzählen weiß.
Die "guaten Leutlan" kamen oft im Hochsommer zur Mahdzeit, wenn jung und alt auf den Wiesen beim Heumachen vollauf beschäftigt war, von ihrer Felsenhöhle herab und halfen den Leuten bei der Arbeit. Der Müllerbauer lud sie dann immer auf Mittag ein. Einmal wollte er ihnen etwas Besonderes zum Essen vorsetzen. Er ließ daher für sie ein Lamm schlachten und gut zubereitet auftragen. Die "guaten Leutlan" aßen; aber sie wußten nicht, was für eine Speise es war, und fragten darnach. Und als der Bauer sagte, daß es das Fleisch eines Lammes war, fingen die "guaten Leutlan" zu weinen an, weil ein armes Tier für sie hatte sterben müssen. Traurig gingen sie fort und ließen sich nie mehr sehen.
Franz Pehr, Kärntner Sagen. Klagenfurt 1913, 5. Auflage, Klagenfurt 1960, Nr. 71, S. 145