DER TÜRKENSTURZ BEI SEEBENSTEIN

Im Jahre 1532 waren die Türken aufs neue in Ungarn eingefallen und 11 weit ins Land vorgedrungen. Während ihre Hauptmacht die Festung Güns belagerte, brachen vereinzelte Horden auch in Österreich ein und gelangten auf ihren Raubzügen bis ins Pittental. Doch die Bauern von Seebenstein und Gleißenfeld taten sich zusammen, bewaffneten sich mit allerlei Handwerksgerät und griffen die plündernden Scharen mit dem Mut der Verzweiflung an. Es gelang ihnen auch, die Feinde zu zersprengen und aus dem Tal zu vertreiben.

Türkensturz bei Seebenstein © Harald Hartmann

Der Türkensturz bei Seebenstein
© Harald Hartmann, 1. Juni 2005

Ein kleiner Trupp der Türken war dabei in den Wald oberhalb Seebensteins geraten und suchte sich auf versteckten Wegen der Rachsucht der zornigen Landwirte zu entziehen. Da sah der Anführer der feindlichen Schar auf dem Weg vor ihm die lichte Erscheinung einer Frauengestalt. Voll Zorn über den letzten Mißerfolg und in der Erwartung, hier leichte Beute zu finden, forderte der türkische Hauptmann seine Untergebenen auf, mit ihm dem Mädchen nachzujagen und es gefangenzunehmen. Lüstern und gierig eilten die Türken der Erscheinung nach, die vor ihnen floh, bis sie den Rand eines steilen Abgrundes erreicht hatten. Hier sprang die Heilige Jungfrau Maria - denn sie war es, die den Ungläubigen zum Verderben erschienen war - plötzlich zur Seite, während die Türken, blindlings weiterrennend, in die Tiefe stürzten, wo sie zerschmettert liegenblieben. Nur ein Mann blieb an einem Baum hängen und kam auf diese Weise mit dem Leben davon. Als man ihn gefangen vor den Anführer der Bauern brachte, erzählte er, wie die überirdische Erscheinung ihre Sinne verblendet und sie in den Tod geführt habe, dem er nur wie durch ein Wunder entronnen sei, während ein fürchterliches Unwetter tobte.

Die steile Felswand heißt seit dieser Zeit der "Türkensturz".

Quelle: Die schönsten Sagen aus Österreich, o. A., o. J., Seite 178