Wie die Bauern von St. Peter ihrem Schloßherrn Abbitte leisten mußten
Im Zusammenhang mit der Niederwerfung des Bauernaufstandes in St. Peter in der Au am Ende des 16. Jahrhunderts verlangte der damalige hartherzige Grundherr Wilhelm von Seemann von den Bauern am 1. Oktober 1797 als Sühne: 1. eine schriftliche Abbitte, 2. die Verantwortung in Wien, 3. die Zahlung von 1000 Gulden in einigen Jahresraten und 4. die alljährliche Abbitte aller Männer über 15 Jahre am Lichtmeßtage, dem Tage der Belagerung des Schlosses durch die Bauern, mit weißen Stäben in den Händen und Übergabe einer vergoldeten Wehr im Werte von 15 Gulden. Diese schmähliche Abbitte wurde tatsächlich durchgeführt. Erst das Jahr 1848 machte dieser Schande ein Ende.
Heute noch ist in der Ortschronik von St. Peter der Inhalt jener Abbitte aufgeschrieben, die die Bauern wortwörtlich durch einen. Vorsprecher darbringen mußten und die wir in der alten Redeweise bringen:
"Gestrenger Herr PfIeger!
Ich habe etliche Worte von wegen von anno 1597 großen Aufruhr und Übeltat, welche sich in diesem Schlosse begeben hat, vorzubringen. Es sind damals drei zänkische, friedhässige Untertanen in dieser Herrschaft gewesen, nämlich Kilian Forsthuber, Michael Per und Stefan Rabenlechner, die haben mit ihrem heimlichen Anschlag und Rat die Gemeinde soweit eingenommen und dahin geredt, daß sie wider ihrer Obrigkeit aufgestanden, rebelliert und allerhand mutwillige Angriffe und Widersetzlichkeiten gebraucht, und ihren Herrn, den Herrn Seemann, gewalttätig mit 8000 Mann überzogen. Also das Schloß, weil Herr Seemann als Kranker sich nicht zur Wehre setzen konnte, mit Gewalt aufgehoben, geplündert und ihren natürlichen Herrn samt seiner Tochter bis in die vierte Woche gefänglich gehalten, bis Seine k. k. Majestät Rudolf II., der von anno 1576 bis 1612 regierte, durch eine große Anzahl Reiter und Fußvolk den Aufruhr gestillet und vielen Nasen und Ohren abgeschnitten, teils enthauptet, teils spießten, teils das Herz lebendig aus dem Leib schnitten, einige in Stücke gehauen, gerädert und auf den Straßen hin und wieder gehänget. Dabei sind die zween Haupträdelsführer Per und Rabenlechner vom k. k. Kriegsvolk gefangen, ihre Habschaft eingezogen, alles Vieh, Getraid und Fahrnisse weggeführt, ihre Häuser abgebrannt und an dessen Stelle Galgen zum ewigen Gedächtnis gebauet worden.
Nach diesem schröcklichen Ausgang hat Herr Seeman einen solchen Fußfall an- und aufgenommen, daß ein jeder jährlich an einem bestimmten Tag, wenn es der Herrschaft gefällig ist, mit seinem Sohn oder Knecht mit weißem Staberl vor dem Schloßtor erscheinen und kniefällig abbitten haben müssen. Der Fußfall aber ist von Herrn Seemann gnädigst abgetan worden. Für den im Schlosse geschehenen Schaden ist eure Ordnung gemacht worden. Sind für diese 1000 Gulden bezahlt auf zehnjährige Währung. Übrigens sind die Untertanen jährlich schuldig, ein vergoldetes Schwert zu liefern und das soll wert sein 15 Gulden. Gestrenger Herr PfIeger, in diesem Schlosse haben die Untertanen Wehr und Waffen zu ihnen genommen. Weil wir uns aber mit diesem Schwerte weder schützen noch wehren können und uns lieber mit unserer armen Bauernschaft ernähren wollen, so bringen wir dasselbe mit einer untertänigsten Abbitte wieder heim und wünschen, dieser Krieg wäre niemals entstanden. So bitten wir Gott im Himmel, daß er uns solchen gnädig verzeihe. Endlich bitten wir unsere hochfürstliche Herrschaft und jene, die in dessen Namen schalten und walten, sie möchten uns dieses gnädig verzeihen." (Ruprecht.)
Quelle: Sagen aus
dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes
Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 87
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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