Die erlöste Frau beim Euratsfelder Friedhof
Als die Reithofbäuerin vor vielen Jahren von Amstetten nach Hause wanderte, mußte sie durch Euratsfeld gehen. In der Nähe des Friedhofes, an dem ihr Weg vorbeiführte, bemerkte sie eine unheimliche Frauengestalt, die zur Hälfte weiß und zur Hälfte schwarz gekleidet war und langsam dahinschritt. Immer näher kam die Reithofhäuerin zum Friedhof und damit auch zu dieser geisterhaften Erscheinung. Da erfaßte die Heimeilende eine furchtbare Angst, weil die geheimnisvolle Gestalt beim Friedhofstor stehen blieb und wartete. Als nun die Bäuerin mit pochendem Herzen an jener Frau vorbeiging, schloß sich diese ihr an und ging mit. In ihrer maßlos gesteigerten Angst murmelte die Bäuerin mit zitternder Stimme vor sich hin das Sprüchlein: "Alle guten Geister loben Gott, den Herrn. Was ist denn dein Begehren?" Das hörte auch die sonderbare Begleiterin. "Vergelt's Gott, du hast mich erlöst!" sprach sie mit heller Stimme und verschwand. Erleichtert setzte die Reithofbäuerin ihren weiten Heimweg fort. (Werner.)
Quelle: Sagen aus
dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes
Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 11
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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