Der Geisterhammer in der Harter Schmiede
Es war in den letzten Julitagen des Jahres 1683, als der Schmied vor Hart bei Amstetten sorgenvoll gegen die südlichen Berge Ausschau hielt. Der Türke hauste entsetzlich im Mostviertel. Flüchtlinge aus Neuhofen a. d. Ybbs erzählten, daß die wilden Mordbrenner 15 Personen niedergemetzelt hatten, und gleichsam zum Beweis dieser Hiobsbotschaft erblickte der Schmied auf dem Sonntagberger Höhenrücken die Kirche von St. Leonhard am Walde als schauerliches Zeichen dieser unseligen Zeit lichterloh in Flammen stehend. Kaum hatte er sich von seinem Schrecken erholt, da sah er schon eine wilde Reiterschar im Galopp auf sich zukommen. Ehe er sich verbergen konnte, war er von der wüsten Horde umringt, und einer von den Türken befahl ihm durch Gesten, ein Pferd zu beschlagen. Da der Schmied in seiner Aufregung aber nicht schnell genug arbeitete, schlug ihm ein Türke mit dem neben der Esse liegenden schweren Hammer den Kopf ein. Johlend und gröhlend raubten mittlerweile die anderen Mordgesellen die Harter Schmiede völlig aus, sogar den ledernen Blasbalg zerschnitten sie und nahmen die Riemen mit.
Nach dem Abzug der Türken übernahm ein anderer Meister die verwüstete Schmiede in Hart. Doch hielt er es nicht lange in diesem Unglückshause aus, denn in jeder mitternächtlichen Geisterstunde erscholl in der Schmiede ein gewaltiges Pochen, und als der aus dem tiefsten Schlafe gerissene Schmied in die Werkstätte hineinleuchtete, sah er den großen Hammer, mit dem sein Vorgänger erschlagen worden war, von unsichtbaren Händen dröhnend auf den Amboß schlagen. Bald verkaufte der Schmied den Besitz, doch auch der Nachfolger wurde durch das gespenstische Pochen vertrieben, und so ging die Harter Schmiede durch viele Hände. Endlich fand sich einmal ein junger Meister, der den Spuk bannte. Er drang trotz des Gepoches beherzt in die Werkstätte, legte den Schürhaken. und das Stochereisen kreuzüber in die erkaltete Esse und seIther blieb der Unglückshammer still liegen. Die Harter Schmiede stand über 300 Jahre und bot mit ihrer niedrigen Decke und den alten Werkzeugen eine ganz besondere Sehenswürdigkeit. Erst kürzlich wurde die Werkstätte vergrößert. Beim Ausheben des Fundaments wurden viele uralte, seltsam geformte Hufeisen ausgegraben. (Adl.)
Quelle: Sagen aus
dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes
Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 50
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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