Die Hexe von Allersdorf
In Allersdorf bei St. Georgen am Ybbsfeld wohnte einst in einem Häuschen
eine Hexe. Zu der kam einmal ein Wachs-stöckelträger und bot
seine Ware an. Die Hexe wollte natürlich keine geweihten Dinge und
hieß den Händler mürrisch gehen. Als sich dieser aber
zur Tür wandte, konnte er keine mehr finden, so sehr er auch suchte.
Aber auch die Hexe war auf einmal nicht mehr da. Im Dunkeln - denn es
ging schon auf den Abend, und die Stube hatte nur winzigkleine Fenster
- tastete er die Wand ab, die Tür fand er aber nicht. Auf einmal
spürte seine Hand den Weihbrunnkessel, aus dem gerade eine dicke
Fleischfliege auffliegen wollte. Er erhaschte das Tier und zerdrückte
es zwischen den Fingern. Und plötzlich war die Tür wieder da!
Von der Hexe aber war keine Spur zu entdecken. Der Händler ging verstört
zum Nachbarhaus und erzählte dort sein seltsames Erlebnis. Da die
Hexe aber verschwunden blieb, wurde er verdächtigt, sie umgebracht
zu haben. Schließlich wurde er verhaftet und vor Gericht gebracht.
Dort schilderte er wahrheitsgetreu sein Erlebnis, worauf er vom Richter
freigesprochen wurde. (Hoffer.)
Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten. Amstetten 1951. S. 19.