DAS HEILWASSER BEI REINSBERG

Ehemals quoll an der Kirche zu Reinsberg ein Brünnlein, von dem viele ihr verlorenes Augenlicht wieder erhielten. Häufig fanden sich dort andächtige Waller ein. Da verschloß zur Zeit, als das Luthertum im Lande einriß, ein Frevel die Wunderquelle. Ein Gutsherr, der vom alten guten Glauben abgefallen war, fand Ärgernis daran, daß in die Heilkraft des Wassers so großes Vertrauen gesetzt werde. Er führte sein blindes Roß zum Brunnen und spricht höhnend: "Hat das Wasser die Kraft, das verlorene Augenlicht wiederzugeben, so muß auch ein blinder Schimmel sehend werden". Dem Rosse wurden die Augen gewaschen und es sah, aber der Heilbrunnen war von jenem Augenblick an für immer versiegt.


Kommentar: (Becker, Ötscher.)
Quelle: Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz, Wien 1924, Band II, S. 63