Reliquien-Wunder in St. Pölten
Am 19. Juni 1209 hatte der Sakristan der Stiftskirche mancherlei an den
kirchlichen Geräten in der Sakristei zu ordnen. Beim Verschieben
einiger Schränke entdeckte er einen Behälter mit bisher unbekannten
Reliquien. Man erweiterte den Zugang, aus dem allsogleich lieblicher Wohlgeruch
entgegen duftete. Schnell verbreitete sich das Gerücht hiervon und
in kurzem drängten sich durch alle Tore neugierige und staunende
Leute in großer Menge, um mit eigenen Augen sich von dem Gehörten
zu überzeugen. Es kamen die Gebeine zweier Körper zum Vorschein,
deren Lederbinden und Umhüllungen alsogleich beim Berühren in
Staub zerfielen. Aber die außergewöhnlichen Umstände dabei
ergriffen die staunende Menge, und von Mund zu Mund eilte die freudige
Kunde, es seien zwei heilige Leiber gefunden worden. Der Zudrang wurde
immer stürmischer und man pilgerte damals zu diesen Reliquien in
St. Pölten wie zu einem berühmten Wallfahrtsorte. Es wird von
Blinden, Lahmen, Gichtbrüchigen erzählt, die gesund von dannen
zogen, so zum Beispiel eine "Khunigunt von Chuliub (Kilb)",
ein Hermann von "Wilhalmspurch"; - Gerbich (?) von "Manzendorf"
(?) erhält nach 14jähriger Blindheit das Gesicht. Wentla von
Hafnarn (Hafing) die schon jahrelang gelähmt auf den Händen
herumkroch, kehrte gesund ins Elternhaus heim. Eine Frau hingegen wurde
vom Aussatz befallen, weil sie mit geschminktem Angesichte zum Grabe der
Heiligen gekommen war,. Wir lesen von Personen aus Brünn, Krems,
Gotwich, Wien, (Scheibbs) Schiebel, Sprennern (Spratzern), Adelpach (Nadelbach),
Khrumpach (Kaumberg) und so weiter, die nach schweren Leiden gesund von
dannen gingen.
Quelle: Volkssage nach Lehrer Pamberger um 1950 gesammelt, Email-Zusendung