Die Schlangenkönigin von Wagram
Am Fuße der Wagramer Leitn bei St. Pantaleon befindet sich ein
großer Tümpel, die Hirtenlache. Vor vielen, vielen Jahren hielt
sich im dichten Gestrüpp neben der Hirtenlache eine Schlange auf,
die unter ihresgleichen als Schlangenkönigin galt. Auf ihrem Haupte
trug sie ein goldenes Krönlein, das im hellen Sonnenlicht glitzerte
und funkelte. Einst kam ein Reiter des Weges und erblickte die Schlangenkönigin,
die sich gerade in der Mittagssonne wärmte. Er wollte das wertvolle
Krönlein unbedingt besitzen, daher breitete er sein reines Taschentuch
auf dem Rasen aus. Angezogen durch das blendende Weiß, kroch die
Schlangenkönigin auf das Tuch und legte ihr zierliches Krönlein
darauf. Der Reitersmann hüllte die begehrte Krone vorsichtig ein
und ergriff eilends die Flucht. Die Schlangenkönigin aber entdeckte
sofort den Raub, stieß zürnend einen gellenden Pfiff aus und
schon im selben Augenblick verfolgten unzählige giftige Schlangen
den flüchtenden Reiter. Trotz seiner großen Geschwindigkeit
holten die wild zischenden Schlangen den Reiter ein und töteten ihn
auf der Stelle. Siegreich setzte die Schlangenkönigin ihr goldenes
Krönlein wieder aufs Haupt und war abermals Herrscherin. Der Reitersmann
mußte seine Gier nach fremdem Gold mit dem Leben bezahlen. (Huemer.)
Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten. Amstetten 1951. S. 37.