DIE TÜRKEN AM SONNTAGSBERG
Im Jahre 1529 beschützte Gott in wundervoller Weise die Wallfahrtskirche am Sonntagsberg vor den Türken. Die Pracht seines Gotteshauses verhieß reiche Beute; zudem waren viele aus der Umgebung, auf den Schutz des dreieinigen Gottes vertrauend, hieher geflohen. In tötlicher Angst harrten sie ihres Schicksales, als die Rotte auf flüchtigen Rossen den Berg hinanzog. An Verteidigung war nicht zu denken, im Drang des Augenblicks fehlten dazu die Waffen, fehlte der Mut. Aber siehe, Gott wachte über seinen Berg und ließ das Vertrauen der zu ihm flüchtenden nicht zuschande werden. Als die Türken beinahe am Gipfel des Berges angelangt sind, stehen ihre Pferde plötzlich still und fallen zitternd in die Knie. Kein Sporn vermag sie vorwärts zu bringen, nur rückwärts können und wollen sie. Die Reiter erfaßt ein Grauen und in wilder Flucht, wie verfolgt von einem unsichtbaren Heere, jagen sie den Berg herab gegen Waidhofen und Ybbsitz hin, wo sie unter den Streichen wackerer Schmiede den Frevel büßen, der an Gottes Heiligtum verübt werden sollte.
Kommentar: (Becker, Ötscher.)
Quelle: Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz, Wien 1924,
Band II, S. 75