Was der Steinkeller-Vetter zu erzählen weiß
Der Steinkeller-Vetter, der schon über 80 Jahre alt ist und 1949 seine goldene Hochzeit in aller Frische gefeiert hat, ist mit St. Leonhard am Walde, dem er jahrelang als Bürgermeister vorstand, stark verwurzelt. Noch heute geht er rüstig seiner Arbeit nach und weiß gar manche geheimnisvolle Begebenheit zu berichten:
So ist in der Mehrgruber-Weide vor vielen Jahren lange Zeit hindurch jedem nächtlichen Wanderer ein grünleuchtendes Roß begegnet, das aber keinem etwas getan hat. - Das Haus Kaltwies am Eingang zum Katzengraben stand lange Jahre leer und war bereits dem Verfall preisgegeben. Trotzdem wurde drinnen in manchen Nächten ein Lichtschein bemerkt. Oft sprachen die Leute darüber, aber niemand getraute sich, diesen angeblichen Teufelsspuk näher zu untersuchen. Als ein beherzter Bursche doch in einer Nacht durch das erleuchtete Fenster blickte, bemerkte er einen pfeifenrauchenden Ziegenbock, der in seinen absonderlichen, langen Krallen fünf Spielkarten hielt. Ein Mitspieler war aber nicht zu sehen. Der neugierige Bursche nahm nun seine Füße in die Hand und stürzte eilig davon. Seit dieser Zeit ist aber das geheinmisvolle Licht verschwunden, das Haus Kaltwies ist seit einigen Jahren wieder bewohnt, aber niemand bemerkte mehr den komischen Ziegenbock. - Eine andere Geschichte spielt im Katzengraben, einem Wegstück der Waidhofner Straße zwischen St. Leonhard am Walde und Windhag. Diese Stelle wurde einst bei Nacht nur ungern durchwandert. Vor der Anlage der heutigen Straße in den Jahren 1905/06 bestand hier nur ein schmaler Fahrweg. Fuhrleute brauchten des Nachts nie ein Hagtor öffnen, da dieselben durch eine unsichtbare Hand stets von selbst geöffnet und geschlossen wurden. Im angrenzenden Walde. hörte man dabei ständig ein gar jämmerliches Katzengeschrei, daß jedem Zuhörer die Gänsehaut über den Rücken lief. Manchmal saß auch eine kohlschwarze Katze mit grünglühenden Augen pfauchend auf einem Hagtor und wich nur ungern dem herankommenden Fuhrwerk. Mit dem alten Fuhrweg verschwand auch der Spuk, nur der Name Katzengraben erinnert noch an jene unheimliche Zeit. (Berger.)
Quelle: Sagen aus
dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes
Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 40
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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