Das seltsame Totenmahl
Der Nachbar des Huberbauern, der Fischerbauer, war auch ein Mitwisser des Mordes am Sautreiber. Ein schönes Sümmchen Schweigegeld ließ auch ihm den Mund halten über die gräßliche Untat. Doch der Fluch, der von diesem Mordgelde ausging, traf auch ihn. Der Fischerbauer war ein lustiger Patron und .dabei ein großer Geizkragen. Es paßte ihm gar nicht, daß einmal nach seinem Begräbnis die Trauergäste bei seinem Totenmahl gut essen und trinken würden und er nicht mehr dabei sein sollte. Deshalb bestellte er sich eines Tages beim Kirchenwirt in Stephanshart seine "Zehrung". Nur den Mesner und den Schulmeister lud er dazu ein. Die drei Männer ließen sich das seltsame Totenmahl gut schmecken und tranken den besten Wein, den der Wirt im Keller hatte, der Fischerbauer hatte ja Geld in Hülle und Fülle! Spät abends wankten sie heim. Als nun der Fischerbauer über die große Wiese seinem Hause zutorkelte, sah er einen Mann auf sich zukommen der eine Sense auf der Schulter trug. Während der Fischerbauer noch überlegte, wer dies wohl sein könnte und wozu der Mann im zeitigen Frühjahr eine Sense brauchte, stand der Sensenmann auch schon vor ihm, und hell glänzte im fahlen Mondlicht das Knochengerüst des Todes! Eiskalt lief es dem Bauern über den Rücken, und des Knochenmannes hohle Stimme drang ihm durch Mark und Bein: "Deine Zehrung hast du genossen, Fischerbauer, in vierzehn Tagen aber wirst du sterben!" Das Gerippe verschwand, mühsam schleppte sich der verstörte Bauer in sein Haus. Nach zwei Wochen aber war er tot. (Feigl.)
Quelle: Sagen aus
dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes
Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 58
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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