Die Eroberung der Eisenburg
Die Magyaren halten sich an der Stelle des Stiftes Melk auf dem hohen Felsen eine starke Feste erbaut, die Eisenburg. Auf dieser saß ihr Häuptling Gizzo und hielt besonders nach der Niederlage seines Volkes auf dem Lechfelde im Jahre 955 scharfe Wache über den Eingang in die Wachau, durch die der Weg nach Ungarn führt, so lange diese feindliche Trutzburg bestand, konnte die von Kaiser Otto dem Großen neu errichtete Ostmark nicht als gesichert gellen. Darum zog ein starkes Heer aus Bayern herab, welches die Magyaren zuerst in offener Schlacht oberhalb ihrer Burg besiegte und dann die Belagerung begann. Mit Sturmleitern und allen möglichen Hilfsmitteln mühte man sich lange ab, alles war bei der geschützten Lage der Festung vergebens. Gizzo und feine Leute höhnten nur über die deutschen Krieger.
Schon wollte der Markgraf den Eroberungsversuch aufgeben, da machte sich
ein Knappe, der in der Gegend daheim war, erbötig, einen Klettersteig
über die Felsen hinauf zu einem geheimen Pförtlein zu zeigen.
Ihm ist dieser Zugang dadurch bekannt geworden, weil er in der Burg ein
Liebchen hatte, zu dem er schon öfter emporgestiegen war. Gerne stellte
Graf Luitpold dem Jüngling mehrere verwegene Leute zur Verfügung
und mit ihnen kletterte er in stockfinsterer Nacht auf den Burgfelsen.
Das Mädchen öffnete auf ein geheimes Zeichen das Mauerpförtchen,
die kühnen Gesellen schlüpften rasch in den Hof der Festung,
machten die wenigen Wachen nieder und öffneten das Haupttor, durch
welches der Markgraf mit seiner Streitmacht eindrang. In heißem
Kampfe wurde Fürst Gizzo mit seinen Leuten erschlagen, dann steckte
man die Eisenburg in Brand und zerstörte sie bis aus den Grund.
Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 6, S. 11f