Das Mandl ohne Kopf

Im Jahre 1645 haben sich die Schweden der Stadt Krems bemächtigt, die Kaiserlichen begannen aber bald darauf mit den Versuchen, sie zurückzuerobern. Während dieser Belagerung ritt nun, wie alle Kremser zu erzählen wissen, ein übermütiger schwedischer Offizier über die damals schon bestehende Frauenbergstiege hinauf und stach in frevlerischer Weise einem Marienbilde an der Treppenwand beide Augen aus. Auch in die Marienkirche selbst drang er ein und beging allerlei Unfug. Dann begab er sich zu der hohen
Stadtmauer beim Pulverturm und dort schlug er mit mächtigem Hiebe dem steinernen Ignatius-Standbildnisse den Kopf ab, daß er tief hinunter in die Lederergasse fiel. Einige Tage später machte der Offizier die Runde bei den Wachen und, als er an die Stelle kam, wo er sich am heiligen Ignatius so schwer versündigt hatte, kam von den östlichen Höhen aus einer kaiserlichen Bastion eine Kanonenkugel herübergeflogen, die ihm den Kopf vollständig abriß. Der Leichnam des für seinen Frevelmut schwer bestraften Schweden wurde in der Pfarrkirche bestattet, doch fand seine Seele keine Ruhe. Er geisterte noch lange Jahre auf feurigem Rosse durch die Auen oder irrte seufzend um die Liebfrauenkirche herum.


"Das Mandl ohne Kopf" © Berit Mrugalska
"Das Mandl ohne Kopf" wird laut Hinweistafel auf Ende 16. Jh. datiert, Krems a.d.Donau
© Berit Mrugalska, 2. August 2005

Der von ihm verstümmelte heilige Ignatius ist als Mandl ohne Kopf das Wahrzeichen von Krems geworden.

Abweichend von der allgemein verbreiteten Erzählung berichtet eine alte Quelle, die Schweden hätten dieses Standbild für einen lebenden Soldaten gehalten und ihm den Kopf herabgeschossen.

Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 99, S. 102f