Die versunkene Truhe
Wiederholt vernahmen zwei arme Männer des Abends auf dem Wege von
Litzendorf über den Kalbling nach Maria Lauch unter der Erde Stimmen.
In der Nacht träumte nun dem einen, an der Stelle wäre ein Schatz
verborgen, welchen man heben könnte. Sie gingen beide am nächsten
Tage dahin, gruben ein Loch und fanden wirklich eine Truhe, welche anscheinend
mit Gold gefüllt war. Jeder packle bei einem Griffe zu, um die Schatzkiste
über den Rand der Grube zu heben. Dabei sagte der eine Mann gewohnheitsmäßig:
"Hohruck". Im selben Augenblicke versank die Truhe. Nur der
leere Griff blieb dem vorlauten Sprecher in der Hand, welcher vergessen
hatte, daß man beim Schatzheben nichts reden dürfe. In tiefer
Stimme tönte es sogleich aus der Erde: "Jetzt muß ich
noch hundert Jahre auf die Erlösung warten". Zur Erinnerung
an ihr Erlebnis sollen die Schatzgräber den Truhengriff an dem Tore
der Kirche von Maria Laach befestigt haben; der Schatz gilt aber immer
noch als ungehoben.
Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 19, S. 28