Die Rettung der heiligen Walpurga
Ein fleißiger Fischer war dereinst in der Walpurgisnacht am Donauufer
zu Mautern eifrig damit beschäftigt, von seinem Schifflein Netze
auszuwerfen. Den ganzen Tag über hatte er nichts gefangen, so hoffte
er auf besseren Erfolg in der Nacht, Plötzlich vernahm der Brave
hinter sich ein sonderbares Rauschen und er glaubte auch, ängstliche
Hilferufe zu vernehmen. Wirklich stand nach dem Umwenden eine schöne
Frau vor ihm. Ihr Kleid war hell schimmernd, die Füße glühten
sogar und sprühten Funken weg. Auch hatten die Tritte Feuerspuren
auf dem Boden hinterlassen. Diese merkwürdige Erscheinung bat, so
rasch wie möglich über die Donau geführt zu werden, sonst
erreichen sie ihre unbarmherzigen Verfolger. Der Fischer war gerne zur
Hilfe bereu, kaum hatte er den Kahn vom Ufer abgestoßen, so hörte
er fernen Lärm von Waffenklirren, Hufschlägen und menschlichen
Stimmen, der immer näher kam. Indes ruderte er aber glücklich
an das andere Ufer, wo die seltsame Frau rasch in der Au verschwand. Wieder
hinterließen ihre Tritte Feuerspuren. Am Mauterner Ufer waren jetzt
auch Gespenstergestalten aufgetaucht, eilten wirr herum und machten unheimlichen
Lärm. Deshalb getraute sich der Fischer nicht zurückzufahren.
Wie es aber von einem Kirchturme ein Uhr schlug, verschwanden alle Erscheinungen
sofort und es wurde wieder still. Da rief es aber mit sonderbarer Stimme:
"Walpurga ist gerettet." Nun wußte er, daß er eine
Heilige gerettet habe, und getrost fuhr er heim ans andere Ufer. Beim
Aussteigen bemerkte der Fischer, daß das Ruder in Gold verwandelt
war. So hat Walpurga ihren Retter belohnt und seine Not für immer
beseitigt.
Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 79, S. 86