Maria zu den drei Eichen

Maria Dreieichen

Blick von Mold auf die Basilika Maria Dreieichen, der Perle des Horner Beckens
© Harald Hartmann, Mai 2009

Matthias Weinberger, ein Bürger von Horn, hatte in seinem Zimmer ein aus Wachs possiertes Bildnis der seligsten Jungfrau aufgestellt. Täglich versammelte er vor demselben seine Hausleute, schüttete sein frommes Herz andächtig vor Gott aus und hegte das volle Vertrauen zu der hl. Mutter, daß sie ihm in Gefahr und Not mächtige Hilfe erflehen werde. Im Jahre 1656 wurde er sehr schwer krank und kränkelte mehrere Jahre. Seih Handwerk mußte die ganze Zeit hindurch ruhen, seine Not wurde immer größer und das liebe tägliche Brot für die Seinigen immer schmäler und schmäler. Aber sein Gebet vor dem Marienbilde war täglich heißer und feuriger.
In dieser anhaltenden Andacht, in diesem Vertrauen auf das Vorwort der gebenedeiten Jungfrau schlief er eines Tages ein und hatte folgenden Traum: Das Bildnis der zärtlichen Mutter mit Jesus auf dem Schöße stand lebhaft vor seiner Seele. Dieses Bildnis sollte er auf den Molderberg bringen und daselbst an einem Eichenbaume, der von der Wurzel aus in drei Stämme geteilt dort stehen wird, zur öffentlichen Verehrung aufstellen. Das Übel seiner Krankheit ließ täglich mehr und mehr ab, und er hatte bald so viel Kraft, daß er seinem Erwerbe wieder nachgehen konnte. Stark genug und von bitterer Not getrieben, begab er sich nach Eggenburg, um daselbst durch den Verkauf seiner Pelzwaren sich und den Seinigen den nötigen Unterhalt zu verschaffen. Auf dem Molderberge war er aus Mattigkeit gezwungen, unter einem schattigen Birnbäume sich niederzulassen, wo er aus Schwäche bald in einen sanften Schlummer verfiel. Da schien ihm, als stünde er vor einem Throne, welcher gleich der Sonne strahlte und den Glanz feurig schimmernden Goldes um sich verbreitete.

Geschichte von Maria Dreieichen

Bildliche Darstellung der Geschichte v0n Maria Dreieichen
© Harald Hartmann, Mai 2009

Plötzlich erklangen tausend liebliche Saitenspiele und jubelnde Stimmen, welche so entzückend in sein Herz drangen, daß er darüber freudig erwachte. Er blickte in froher Bewunderung um sich her, glaubte wirklich zu sehen und zu hören, und als er alles ringsum ruhig fand, schlief er zum zweiten Male ein. So angenehm und erhebend aber der efste Traum war, so schrecklich und niederschlagend war der zweite, den er jetzt hatte. Es erhob sich ein fürchterliches Donnergerassel und Hagelwetter; die herumsprühenden Blitze schienen auf ihn zu stürzen und ihn gänzlich zu verzehren.
Da fuhr er vor Schrecken empor, zitterte am ganzen Körper, erwachte und sprang mit Gewalt von der Erde auf. Als er etwas zur Besinnung kam, war das erste, was ihm in die Augen fiel, ein mit drei Stämmen versehener Eichbaum, der ganz nahe an der Stelle stand, auf welcher er eingeschlafen war. Nun fiel ihm sogleich das frühere Traumbild ein und er fühlte Scham und Reue, daß er seines Entschlusses beinahe vergessen hätte. Er kehrte daher auf der Stelle nach Hause zurück, nahm das ehrwürdige Marienbild und brachte es auf dem Eichbaum und flehte da zuerst durch tiefe Verehrung der gebenedeiten Jungfrau um Wiedererlangung seiner Gesundheit. Er erhielt sie auch, und zwar so vollkommen, daß er bald darauf allen Arbeiten seines Gewerbes mit voller Kraft vorstehen konnte, der vielfältige Trost und die mächtige Hilfe, welche einzelne fromme Pilgrime bei dem Gnadenbilde zu den drei Eichen erhielten, zog bald darauf eine so große Menge wahrer Verehrer herbei, daß sich der Ruf davon weit nach Böhmen und Mähren verbreitete und Wallfahrer tausendweise aus diesen Ländern herbeiströmten. Zu dieser Zeit aber, als das Bildnis noch immer unter freiem Himmel verehrt wurde, geschah es, entweder durch Unvorsichtigkeit der Hirten oder sonst durch einen' Zufall, daß die dreistämmige Eiche beinahe ganz ausbrannte, und das aus Wachs possierte Marienbild zerschmolz. Als jedoch die ausgebrannte Eiche bald darauf neue, frische Zweige hervortrieb und wie verjüngt wieder zu grünen anfing, so schien dies ein Zeichen zu sein, daß der Herr seine Verherrlichung durch Maria an diesem Berge bestätigte und den frommen Andachtseifer der Gläubigen dort fortgesetzt wissen wolle. Beseelt von diesem Eifer und durch ein Gelübde dazu verpflichtet, ließ daher Sebastian Friedrich Förber, der damalige Bürgermeister zu Hörn, das gegenwärtige Marienbild auf die frisch auflebende Eiche setzen. Abt Plazidus von Altenburg und Graf-Joseph von Hoyos ließen eine Kapelle von Steinen aufführen. 1732 wurde dieser Bau vollendet und schon 1744 der Grundstein zu der gegenwärtigen großen und schönen Kirche gelegt. (J. P. Kaltenbaek.)

Hochaltar mit dem Gnadenbild von Maria Dreieichen © Harald Hartmann

Hochaltar mit dem Gnadenbild von Maria Dreieichen
© Harald Hartmann, Mai 2009

Historische Daten:

1656 Matthias Weinberger hat aufgrund einer inneren Weisung seine aus Wachs gegossene Pieta an einer dreistämmigen Eiche angebracht. Sie stand dort, wo sich jetzt der Altarraum der Wallfahrtskirche befindet. (Reste der Eiche: Nische hinter dem Hochaltar.) Es war eine glückliche Fügung, dass sich dieser 1656 entstandene Wallfahrtsort in der Nähe des traditionellen Pilgerweges der Mährer nach Mariazell befand. Alter Flurname „Be(h)mer-Strass". Name der Gnadenstatue bei den mährischen Pilgern: „Maria tr' dubská".
1680 Durch einen Blitzschlag sind Baumkronen und Wachsbild zerstört worden. Das heutige, aus Lindenholz geschnitzte Gnadenbild wurde dann in einer Holzkapelle aufgestellt.
1733 Fertigstellung der ersten Steinkapelle (Grundsteinlegung 20. Mai 1730). Sie wurde, wie schon die Holzkapelle, von einem Einsiedlerbruder betreut.
1740 Seit damals übernehmen die Benediktiner aus dem nahegelegenen Stift Altenburg die priesterliche Wallfahrtsseelsorge.
1744, am 8. Mai: Grundsteinlegung der heutigen Wallfahrtskirche.
1784 Wallfahrtsverbot durch Kaiser Joseph II. Trotzdem hörte die Wallfahrt zur „Schmerzhaften Mutter von Maria Dreieichen" nicht auf.
1850 (ca.) kam es mit dem Ende der „Josephinischen Ära" zu einem großen Aufblühen des Wallfahrtslebens. Eigens zu erwähnen sind: die seit 1854 bezeugte ununterbrochene Fußwallfahrt der Waldviertler Pfarre Groß Siegharts und die deutsch- und tschechischsprachigen Wallfahrten aus Südmähren. Die deutschsprachigen Südmährer kommen jährlich „seit 1945 als Heimatvertriebene" aus allen Teilen ihrer neuen Heimat.
1957 Erhebung zur Päpstlichen Basilika anlässlich des ununterbrochenen 300-jährigen Bestehens der Wallfahrt. (P. Robert Bösner OSB)

Hochaltar mit dem Gnadenbild von Maria Dreieichen © Harald Hartmann

Die Eichenstämme des Baumes, der ursprünglich das Gnadenbild von Maria Dreieichen trug,
sind durch ein Türgitter noch heute an der Rückseite des Hochaltars zu sehen
© Harald Hartmann, Mai 2009

Quellen:
Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz, Bd. IV, 1927
P. Robert Bösner OSB, Pfarrer von Maria Dreieichen