25. Der Teufel als Vorspann.
Geht es irgendwo im Marchfelde mit einem Fuhrwerke stark bergan, so sagt man: "Da könnt’ wohl der Teufel Vorspann leisten!" War da vor vielen, vielen Jahren ein wohlhabender Bauer, der ebenso klug wie fromm war. Wie nun einmal der Herbst mit seinem Regen in Hof und Flur zog, stand der Bauer verzagt und kleinlaut am Grenzsteine seines weiten Grundes und dachte bei sich: "Schau, schau, die Wies'n, von der i jed’s Jahrl ’s Umgangsgras führ’, ist völlig nit zum ausmah’n! So hoch steht's Fuada, daß sie’s Wild drin versteckt! I lass mas nit nehma, da Seg'n Gottes liegt af’n Grund! Hätt ja a nix dagegen, aber meini Leut’ kinnan der Oawat nit g’folig'n. Hat nur unsar Herrgott sein Kroamat, dös Restl schenk’ i 'n Teuxl!" "Hi, hi, hi", scholl es aus der nahen Dornenhecke, "alsdann 's Restl g’hört mein?" Der Großbauer erschrak, schlug ein Kreuz und wollte entfliehen. Allein es fesselte ihn eine unsichtbare Macht an die Stelle. Eine von Goldringen strotzende Hand legte sich ihm dann auf die Schulter und klopfte diese vertraulich. "G'redt ist g'redt, Großbauer", sagte der Teufel - denn er war es – "und ’s braucht di nit z'greu'n!" Weil aber unser Landmann nicht auf den Kopf gefallen und ihm auch schon der erste Schrecken verraucht war, so entgegnete er ruhig: "Jo mein liawa Nachbar, muaßt mi aber nur ausred'n lass’n! 's Restl soll dir g’hörn, woaßt, wannst d’ Wies’n heunt bis zum Aveläut'n bei Wurz und Stingl rasirst! Läut’s awa, und ’s Gras is nit vom Fleck, nachar sollst du meinan Oxn Vorspann reit'n! Hast mi verstand'n?" Der Teufel war einverstanden damit und, hups, trups, kollerten auch schon ein Dutzend weiter Leiterwagen die Berglehne herab, und darauf hockten viele grässliche Gesellen mit Sensen, Rechen und Heugabeln. Es hob nun eine flinke Arbeit an, wie sie der Bauer noch nie in seinem Leben gesehen hatte. "Ei", dachte er bei sich, "da machst dich wohl am besten aus dem Staube, denn die Wette hast du sicherlich verloren und dann kost's am Ende noch das Genick!" Er lief nun heimlich von dannen, schnurstracks zum Mesner des Dorfes: "Gödinger", sagte er zu dem, .dürft i Eng recht schön bitten, dass heunt a wengl früha Gebetlaut'n tats?" "Zweng denn nit?" antwortete dieser, ohne nach dem Warum und Weshalb zu fragen. Seelenfroh rannte nun der Bauer in sein Gehöfte, ließ ein Paar Ochsen vor den Leiterwagen spannen, warf eine schwere "Radlkette" um seine Schultern und holte den Ochsenziemer vom Kammertram. So ging's zur Auwiese hinab. Da war indes die Arbeit beängstigend weit gediehen. Der Teufel selbst holte mit einer silberblanken Klinge aus, und weil die Zugrosse zu mangeln schienen, wurden feuerrote Hunde vor die grasbeladenen Wagen gespannt. Die letzte Mahd! Der Satan zog nochmals den Wetzstein aus. St, st, klang's über die stoppelige Wiese dem Bauern ins Ohr. "Herr Gott!" schrie dieser, "noch nicht - -." Bim, bam, bim, bam, tönte es jetzt laut und deutlich vom Bergkirchlein hernieder und im Abendrot summten die Schnecken und Mücken das Ave-Maria. "Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnaden", fiel der Bauer mit seinem Gesinde ein. "Der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus!" Prrr - da war aller Spuk verschwunden. Ein alter Wiesbaum sauste durch die Luft und bohrte sich tief in die Berglehne, daß der Schotter geräuschvoll zu Tal rollte. Der Teufel aber schlich schweifwedelnd daher. Es wurde ihm nun die schwere Eisenkette um den Nacken geschlungen, und mittels dieser wurde er dem Ochsenpaare vorgespannt. Piff, paff, has’ du’s nicht gesehen, flog der Ziemer sausend über seinen Rücken nieder und unter dem Gespötte der Dorfjugend rollte der volle Graswagen im Gehöfte des Großbauern ein. Tags darauf aber war statt des tauigen Grases stinkender Ross- und Rinderkot zwischen den Leitern des Wagens. Der Bauer sah dies zu seinem Verdrusse; und wie dann die Leute auf der Auwiese zusammeneilten, gewahrten sie zu ihrem Entsetzen einen weiten Morast, den hohes Schilf deckte. Schlangen und Feuerkröten hausten drinnen. Die Wiese soll heute noch so aussehen und im Volksmunde "Teufelsacker", auch "Hexentenne" heißen.
Hans Schukowitz, Drei Teufelssagen aus dem Marchfelde. Der Niederösterreichische Landesfreund. Baden. V/1896, S. 76-77;
Quelle: Sagen, Schwänke und andere Volkserzählungen aus dem Bezirk Gänserndorf.
Hans Hörler, Heinrich Bolek, Gesammelt von der Lehrerschaft des Bezirkes Gänserndorf 1951. Neuauflage 1967.
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