22. Der Wettersegen.
Ziehen an warmen Sommertagen Gewitterwolken (über die Karpaten her, so sagen die Mütter im Marchfelde: "Kinder, kniet rund um den Tisch nieder und betet!" Und während diese das tun, legt die Mutter die Ofenstange oder einen Besen vor die Gassentüre, segnet und spricht:
"Geh hin! Geh hin!
Wo koan Hahn nit kraht,
Wo koan Mahdar maht,
Wo koan Stern nit leucht,
Wo der Teufel beicht
Dorthin mögst du fahrn,
Dortn konnst di aussalarn!"
Und daraufhin pflegt das Gewitter schrecklos vorüber zu ziehen. Dieses Sprüchlein nun heißen die Leute den "Wedasegn". Eine fromme, aber geisterhafte Frau soll ihn vor vielen Jahren einmal einem braven, armen Waisenkinde gelehrt haben, das sich hierdurch viel Geld verdiente. Diese Frau aber kam von den Wetterwolken herab, hatte rote Feueraugen, einen kleinen Herrgott auf der Brust und einen Rosenkranz um die Hände geschlungen. (Die Leute sagen, es sei der Satan gewesen.) Sie saß vor dem Kirchentore und sang das Sprüchlein dem Knaben so lange ins Ohr, bis es dieser auswendig konnte. Zum Schlusse aber warnte sie den Kleinen, den Segen weiter zu erzählen. Erst vor seinem Tode sollte er ihn aufschreiben und unter eine Schwelle vergraben. Es werde ihn dann eine Jungfrau finden, die eine Heilige wird. Ihr ist es gestattet, das Sprüchlein der Menschheit zum Wohle weiter zu erzählen.
Hans Schukowitz, Drei Teufelssagen aus dem Marchfelde. Der Niederösterreichische Landesfreund. Baden. V/1896, S. 77-78;
Quelle: Sagen, Schwänke und andere Volkserzählungen aus dem Bezirk Gänserndorf.
Hans Hörler, Heinrich Bolek, Gesammelt von der Lehrerschaft des Bezirkes Gänserndorf 1951. Neuauflage 1967.
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