DER TEUFEL AUF DEM BISAMBERG
In alter Zeit lebte im Weinbauort Bisamberg ein reicher Bauer, der ein hübsche und fleißige Tochter hatte. Da sie sein einziges Kind war, sollte sie einmal den Hof erben. Natürlich wollte der geizige Bauer einen noch reicheren Schwiegersohn haben, damit seine Tochter wohlhabend leben könne. So mancher junge Mann hatte sich da schon vergeblich Hoffnungen gemacht.
So schien es für einen Knecht, der zwar tüchtig, verlässlich und arbeitsam war, völlig aussichtslos, im Ernst an die reiche Bauerstochter zu denken. Dennoch nahm ein fleißiger Knecht eines Tages seinen ganzen Mut zusammen und wagte es, beim Bauern anzuklopfen und um die Hand seiner Tochter anzuhalten. "So lange du kein Geld hast, brauchst du bei mir gar nicht anzuklopfen. Scher dich zum Teufel!", fluchte der hartherzige Bauer. Die Bauerstochter war über den Fluch des Vaters entsetzt. Sie fing an zu Gott zu beten und betete bis spät in die Nacht den Rosenkranz. Der junge Mann zog betrübt von dannen und setzte sich auf dem Bisamberg unter eine alte Eiche.
Blick auf den Bisamberg
© Harald Hartmann, 26. November 2004
Völlig traurig blickte er zur Donau, als von der Enzersdorfer Seite her ein Jägersmann mit grünem Hut des Weges kam. Er pfiff ein freches Lied und fragte den traurigen Knecht nach dem Grund seiner Verzweiflung. Dieser schilderte ihm seine hoffnungslose Lage und bald kamen sie ins Gespräch. "Ich kann dir schon Geld geben. Ich mache dich zu einem reichen Mann, du musst mir nur deine Seele verschreiben", schlug ihm der Jägersmann vor. Hier wurde dem Knecht unbehaglich, denn er erkannte in der Gestalt gegenüber den Teufel. Er überlegte einige Zeit und willigte dann doch ein - allerdings mit Einschränkungen: "Gib mir erst ein wenig Geld, und dann, wenn ich damit etwas anfangen kann, werde ich unterschreiben." "Wann wird das sein?", wollte der Teufel wissen. "Wenn die Eiche hier gar keine Blätter mehr hat und völlig kahl ist", entgegnete ihm der schlaue Knecht. So lange werde ich wohl auch noch warten können, dachte der Teufel und willigte ein, weil er fest überzeugt war, dass ihm diese Seele so gut wie sicher war. Er zog aus seiner Tasche ein Goldblättchen und gab es dem Knecht mit den Worten: "Vergrabe dieses Blättchen heute noch unter einem Apfelbaum und schon morgen früh wirst du dort einen Schatz finden!".
Gesagt, getan! Der Knecht tat, wie ihm geheißen, und beim Morgengrauen, nach dem ersten Hahnenschrei fand er zwischen den Wurzeln eines Apfelbaumes tatsächlich einen reichen Goldschatz. Voll Freude grub er ihn aus, kaufte sich feine Gewänder und eilte zum geizigen Bauern, um ihm seinen Schatz zu zeigen. Es dauerte gar nicht lange, bis der Alte einwilligte und ihm seine einzige Tochter zur Frau gab. Kaum hatten die beiden geheiratet, erfuhr sie von der wahren Ursache des Reichtums ihres Mannes. Sie war jedoch keineswegs verzweifelt oder gar zornig, voll Gottvertrauen glaubte sie an die Kraft ihres Gebetes. Denn während ihr Mann mit dem Teufel verhandelt hatte, hatte sie inbrünstig Rosenkranz gebetet.
Im Herbst, als alle Bäume schon ihre Blätter verloren hatten, ging der Teufel auf den Bisamberg, um nach den Blättern der besagten Eiche zu schauen. Doch die Blätter hingen immer noch am Baum, sie waren zwar inzwischen dürr und braun geworden, einige waren vom Wind auch schon heruntergerissen worden, aber kahl war der Baum nicht. Auch später, im Winter, als der Teufel voll Vorfreude auf die Seele abermals Ausschau hielt, befand sich immer noch eine hübsche Zahl von Blättern auf dem Baum. Erst im Frühjahr, als neues Eichenlaub spross, fielen die alten Blätter endgültig ab, so dass der Baum nie ohne Blätter war. Das ging Jahr für Jahr so, der Teufel wurde immer wieder enttäuscht. Der junge Bauer war mit seiner Frau inzwischen alt geworden und starb eines Tages.
Jetzt erst merkte der Teufel, dass er ein Opfer der Bauernschläue
geworden war, denn die Sommereichen verlieren niemals ihre Blätter,
bevor nicht neue sprossen. Voll Zorn zerzauste der Gefoppte nun die Blätter
der Eiche, so dass seit diesem Tag alle Eichen gebuchtete und gelappte
Blätter haben.
Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 120