DER VERSUNKENE REITER

Es begab sich in der Zeit der Hussitenkriege. Damals litt das ganze Land unter den einfallenden Truppen aus dem Norden. Viele Dörfer wurden geplündert und selbst Städte mit dicken Mauern und hohen Türmen wurden von den feindlichen Reiterscharen erobert. Es mag also nicht verwundern, dass die Bauern in großer Angst vor den Hussiten lebten und jedem Fremden gegenüber sehr misstrauisch waren.

In diesen schweren und unsicheren Zeiten kam ein fremder Reiter in das Gaindorfer Wirtshaus. Er war schon lange geritten und verlangte mit barscher Stimme Speis und Trank für sich und Heu und Wasser für sein Pferd. Als er das Gewünschte bekam, setzte er sich zu Tisch und verschlang mit wenigen Bissen die Speisen. Noch rascher jedoch als er aß, trank er den Krug Wein, den er mit einem einzigen langen, kräftigen Zug leerte. Er begehrte einen zweiten und trank auch diesen mit wenigen Schlucken aus. Es folgten noch mehrere Krüge Wein, was nicht ohne Wirkung bleiben sollte. Der anfangs sehr unwirsche und grobe Fremde stellte sich als Kurier der gefürchteten Hussiten heraus. Er begann mit den Schand- und Greueltaten seiner Mannen zu prahlen und bald zechten die anwesenden Männer mit ihm. Zu später Stunde, als ihm schon die Zunge schwer geworden war, machte er sich wieder auf den Weg. Die Gaindorfer beschrieben ihm noch den Weg nach Maissau, der entlang der Niederungen des Parisbaches führte.

Torkelnd verließ er die Gaststube und stieg mit Mühe aufsein Ross. Die Gaindorfer waren froh, dass der unheimliche Fremde endlich weg war und blickten ihm noch in die rabenschwarze Nacht, die von zuckenden Blitzen immer wieder hell erleuchtet wurde, nach.

Allerdings kam der Kurier der Hussiten nie an seinem Ziel an. Wahrscheinlich stürzte sein Pferd in der Dunkelheit und der hilflose Reiter ertrank in den sumpfigen Niederungen des Parisbaches; so zumindest wird es heute noch erzählt. Die nahe Anhöhe heißt heute "Veigelberg".

Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 31