DAS WEISSE FRÄULEIN VON KREUZENSTEIN

In alter Zeit hütete ein Knabe aus Spillern die Schafe seines Vaters. Er weidete die Tiere auf einer Wiese unterhalb der Burg Kreuzenstein. Als er seine Jause gegessen hatte, erschien ihm die Gestalt einer strahlend weißen jungen Frau. Wie aus dem Nichts gekommen, stand sie vor ihm, und bat ihn, sie zur Ruine zu begleiten. Völlig erschrocken über die Erscheinung, fürchtete er sich fast zu Tode. Aus lauter Angst erfüllte er ihre Bitte nicht.

Betrübt und traurig wandte sich das Fräulein ab und verschwand wieder. Federleicht schwebte sie zu den alten Mauerresten den Berg hinauf. Atemlos lief der Hüterbub nach Hause und erzählte sein Erlebnis.

Wenige Tage später lag er tot auf der Bahre. So ging es ihm wie all jenen, die vorher das weiße Fräulein als Künderin ihres nahen Todes gesehen hatten.

Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 70