DAS SCHNEIDERKREUZ
In Zeiten der Pest oder des "Schwarzen Todes", wie man auch zu sagen pflegte, war nichts wichtiger als die rasche Bestattung der Toten. Da kam es oft vor, dass die Totengräber gar nicht mehr nachkamen mit dem Ausheben der Gräber. Als Ausweg wurden in vielen Orten Pestgruben - das waren Massengräber - ausgehoben, in die man die Toten einfach hineinwarf und dann mit einer Schicht Erde und Kalk bedeckte. In manchen Orten wurden solche Pestgruben auch schon im Voraus bei Auftreten der Seuche ausgehoben. Sie befanden sich meist außerhalb des Ortes.
Das sogenannte "Schneiderkreuz" in Prottes im Weinviertel
© Berit Mrugalska, 13. Juli 2006
Folgendes begab sich in jener Zeit, als die Pest ins Land zog, in der Ortschaft Prottes. Jemand war erkrankt - wobei gar nicht sicher ist, ob es die Pest war - als man einen Arzt aus dem benachbarten Spannberg zu Hilfe rief. Nach dem Krankenbesuch machte sich der Medikus wieder auf den Heimweg. In der Zwischenzeit war aber dichter Nebel eingefallen und man konnte kaum die Hand vor seinen Augen erkennen. So kam es, dass sich der Arzt verirrte, in eine Pestgrube fiel und dabei so unglücklich stürzte, dass er sich das Genick brach.
Gedenktafel am Schneiderkreuz, Niederösterreich
"Schneiderkreuz
Gedenkstätte für
den Bader (Arzt)
Schneider,
der im Jahre 1713
an der Pest starb
die er sich bei
der Bekämpfung
der Krankheit zuzog.
Gewidmet von der
Marktgemeinde
Prottes."
© Wolfgang Morscher, 13. Juli 2006
Erst später fanden die Leute den Mann. Sie bargen ihn und begruben
ihn auf dem nahen Hügel. Heute erhebt sich hier eine Kapelle mit
einem Kreuz.
Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 244