DIE TEUFELSWAND

Im oberen Pulkautal wohnte in alter Zeit ein schönes Ritterfräulein, um deren Hand zwei edle Ritter anhielten. Der eine war der Herr der Burg Neudegg, der andere kam von der Feste Pulkau. Das Fräulein konnte und wollte sich einfach nicht entscheiden, welchem der beiden sie den Vorzug geben sollte. Um dem ein Ende zu machen, versprach das Ritterfräulein, die Braut desjenigen zu werden, der als Sieger vom nächsten Turnier heimkehren werde.

Als nach erfolgreichem Wettkampf der Herr der Burg Neudegg den Preis nach Hause brachte, wurde gemäß der Vereinbarung die Hochzeit vorbereitet. Der Ritter von der Feste Pulkau war über den Sieg des anderen und die verlorene Braut so traurig, dass er sich gar in die Pulkau stürzen wollte. Als er so nachdenklich am Fluss entlang schritt, gesellte sich ein grauer Mann mit spitzem grünen Hut zu ihm und sprach ihn an: "Ich kann dir helfen. Ich werde eine Mauer bauen, die so hoch ist, dass das Wasser der Pulkau bis zur Burg Neudegg ansteigen wird und alle Burgbewohner ertrinken werden. Du kannst dann die Braut dein Eigen nennen." Obwohl der Ritter gleich erkannt hatte, wer hinter der Gestalt mit dem grünen Hut steckte, willigte er ein. Er stellte lediglich die Bedingung, dass der Bau vor dem ersten Hahnenschrei vollendet sein müsste.

Hurtig schritt der Fremde ans Werk und die Mauer wuchs mit jedem Felsblock ein beträchtliches Stück in die Höhe. Plötzlich, die Mauer war noch nicht ganz fertig, erscholl von der Feste Pulkau in den frühen Morgenstunden ein Hahnenschrei: Jetzt müsste der Fremde, der niemand anderer als der Leibhaftige persönlich war, einsehen, dass er verloren hatte. Wütend und verließ er den unvollendeten Bau, dessen Reste heute noch im Pulkautal zu sehen sind.

Der Ritter von der Feste Pulkau, der seine Seele durch den frühen Hahnenschrei gerade noch retten konnte, zog voll Reue als Pilger ins Heilige Land. Nach seiner Rückkehr führte er ein bescheidenes Leben als Einsiedler.

Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 48