Das versunkene Dorf
Inschriftenplatte auf demBildstock in Simonsfeld
© Harald Hartmann, Juli 2008
Im Dorfe Simonsfeld bei Ernstbrunn steht eine Säule aus dem Jahre 1504. Auf einer Seite steht folgende Inschrift in rotem Marmor: „Das Kreuz machen lassen "Wolfgang Neunburger von Burkhausen und Franz Tiburti sein Prüder."
Auf einer anderen Seite ist das Relief: Christus mit den drei Jüngern am Ölberg, darunter ein kleines unkenntliches Wappen.
Darstellung der Ölbergszene auf dem Bildstock in Simonsfeld
© Harald Hartmann, Juli 2008
Daran knüpft sich folgende Sage: Auf der Höhe gegen Ernstbrunn zu lag ein Dorf. Die Bewohner waren sehr begütert. Der Reichtum brachte es mit sich, daß die Leute immer übermütiger wurden und sich schließlich ganz von Gott abwandten. Ihre Gier, den Reichtum zu vermehren, wuchs immer mehr und ihnen war Wochen-, Sonn- und Feiertag gleich, wenn es galt, Geld zu verdienen. Natürlich waren auch die Hartherzigkeit und alle anderen Todsünden dort zu Hause. Am Gründonnerstage des Jahres 1504 eilten die Simonsfelder und die Bewohner der Nachbarorte der alten Martinskirche zu, um dem Gottesdienste beizuwohnen. Die gottlosen Dörfler aber gingen ihren gewöhnlichen Arbeiten nach und manch Spottwort klang den zwei Männern aus dem Dorfe nach, die dem Rufe der Glocken folgten. Selbst deren Frauen schimpften über die beiden Betbrüder.
Der Gottesdienst war zu Ende. Da hörte man ein furchtbares Krachen, der Himmel hatte sich mit kohlschwarzen Wolken überzogen. Als die Erschrockenen ins Freie eilten, sahen sie, daß Blitz auf Blitz auf die sündhafte Ortschaft niederzuckte, die bald in hellen Flammen stand. Mit einem Krach öffnete sich der Boden und die rauchenden Trümmer versanken samt den Bewohnern spurlos vor den Augen der Erschrockenen. Die beiden Kirchgänger waren die einzigen Überlebenden aus dem Dorfe. Sie siedelten sich nun in Simonsfeld an und zum Danke für ihre Rettung am Gründonnerstage stifteten sie die Säule mit der Todesangst Christi.
(Josef Zaoraul. Volksmund.)
Bildstock in Simonsfeld
© Harald Hartmann, Juli 2008
Quelle: Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz, Bd. 3, 1926.