DAS VIERTELSTUNDENKREUZ BEI STOCKERAU

Nördlich von Stockerau, etwa eine Viertelstunde von der Stadt entfernt, erhebt sich auf einer Anhöhe eine Denksäule, das „Viertelstundenkreuz". Auf hohem Sockel, der eine unleserliche Inschrift trägt, thront die Statue der Schmerzhaften Gottesmutter. Über die Entstehung dieser Säule berichtet die Sage: Einst breitete sich in der Gegend ein dichter Wald aus, dessen Reste heute noch beim Grummethof und an der Siersdorfer Straße zu sehen sind. Durch diesem Wald fuhr damals eine Gräfin, die von Prag kam, um ihren schwerkranken Sohn in Wien zu besuchen. Die Straße war schlecht und das Unglück wollte es, daß ein Wagenrad brach. Weil die Herstellung des Wagens zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte, und es schon zu dunkeln begann, entschloß sich die Gräfin, den Weg bis Stockerau zu Fuß zurückzulegen. Der Kutscher sollte später nachkommen. In der Dunkelheit aber irrte die Frau vom rechten Wege ab, geriet immer tiefer in die Waldwildnis und wußte sich nicht mehr zurechtzufinden. In ihrer Seelennot gelobte sie der Gottesmutter, sie wolle an der Stelle, an der oder von der aus sie ein schützendes Obdach erblicke, zum Danke eine Mariensäule errichten lassen. Im selben Augenblicke drang der Ton des Aveglöckleins an ihr Ohr. Voll Zuversicht ging sie dem Schall nach, gelangte bald an den Waldrand und erblickte zu ihrer großen Freude die Lichter von Stockerau; eine Viertelstunde später saß sie wohlbehalten in einer Herberge. Zum Danke dafür ließ die Gräfin später das Viertelstundenkreuz errichten.
(Frau Serna, Stockerau.)

Quelle: Carl Calliano, Der niederösterreichische Sagenschatz, Bd. V, Wien 1936

Viertelstundenkreuz in Stockerau; Harald Hartmann

Das Viertelstundenkreuz in Stockerau.
© Harald Hartmann, November 2008