DER WASSERMANN BEI DER TEUFELSMÜHLE
Im Teich der Teufelsmühle nahe von Stockerau hauste einst ein frecher Wassermann. Nacht für Nacht verließ er das Wasser und stieg an Land. Er war derart unverfroren, dass er das Nebengebäude der Mühle aufsperrte und dort zu Mitternacht seine Fische briet. Nach dem Essen verschwand er dann wieder. Der Müller hatte dies sehr wohl gemerkt, war aber ratlos. Er wollte den Wassermann zwar loswerden, hatte aber Angst, Schaden zu erleiden.
In diesen alten Zeiten gab es auch noch Bärentreiber, die mit ihren
Tanzbären von Jahrmarkt zu Jahrmarkt zogen und dort die Leute unterhielten.
So ein Bärentreiber kam zu einem der Stockerauer Märkte, um
dort seinen Bären tanzen zu lassen. Gewöhnlich waren zu diesen
Zeiten alle Herbergen voll, dementsprechend schwer war es auch, eine Unterkunft
zu finden. So kam der Bärentreiber schließlich zu der Mühle.
Da auch der Müller keinen Platz mehr hatte, ihn aber nicht wegschicken
wollte, bot er den beiden einen Platz in seinem Schuppen an. Das war jenes
Gebäude, in dem der Wassermann zu mitternächtlicher Stunde seine
Fische briet. Auch diese Nacht kam der Wassergeist und fing an, sein Mahl
zu bereiten. Gereizt durch
den Bratenduft erwachte der Bär und schnappte nach den gut duftenden
Fischen. Der freche Wassermann wollte sein Mahl verteidigen und verpasste
mit seiner feucht glitschigen Hand dem großen Bären einen Schlag.
Meister Petz verstand diesen Spaß nicht, nahm den Wassermann und
drückte ihn so fest an seine Brust, dass der Wassergeist beinahe
erstickt wäre. Nur mit Mühe konnte er fliehen.
Am nächsten Tag zog der Bärentreiber mit seinem Tier wieder
fort. Der Müller bedankte sich bei ihm, dass er den Wassermann vertrieben
hatte. Ein paar Tage später erschien der Wassermann am helllichten
Tag, steckte seinen Kopf durch das Fenster und fragte, ob der Müller
wohl noch die große Katze besäße. "Natürlich
habe ich sie noch, sie hat sogar noch zwei Junge bekommen", antwortete
der Müller schlagfertig. In diesem Moment schlug der Wassermann das
Fenster von außen zu und ward nie wieder gesehen.
Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 78